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Parlamentsmitglieder protestieren gegen den Ausschluss von mehreren hundert Kandidaten für die Parlamentswahl.

Foto: REUTERS/Str
Teheran - Der geistliche Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, hat ein Einschreiten wegen des Ausschlusses von Kandidaten von der kommenden Parlamentswahl abgelehnt. Er werde sich erst einschalten, wenn im Streit zwischen Innenministerium und Wächterrat alle legalen Mittel ausgeschöpft seien, sagte Khamenei am Montag. Sechs Wochen vor den Wahlen hatte der konservative Wächterrat am Sonntag mehrere Hundert zumeist reformorientierte Kandidaten ausgeschlossen und damit den seit Jahren dauernden Machtkampf zwischen Reformern und Konservativen im Iran zugespitzt.

Das Innenministerium bezeichnete die Entscheidung des Wächterrats als "illegal" und kündigte an, diese nicht umzusetzen. Der EU-Außenpolitikbeauftragte Javier Solana meinte am ersten Tag seines Iran-Besuchs, Wahlen seien eine "innere Angelegenheit", müssten jedoch gerecht ablaufen. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem iranischen Außenminister Kamal Kharasi sagte Solana, er hätte "Probleme, in Europa zu erklären, wie Abgeordnete, die Repräsentanten des Volkes sind, sich nicht zur Wahl stellen können".

Sitzstreik geht weiter

Der konservative Wächterrat, der die Hälfte der insgesamt 8200 Kandidaten verboten hat, ließ indes seine Bereitschaft zu einem Kompromiss erkennen und will nun zumindest die Zulassung von 80 Kandidaten prüfen, die bereits als Abgeordnete im Parlament sitzen. Allerdings müsse in jedem Fall eine Beschwerde eingereicht werden, so ein Sprecher des Rates. Der zwölfköpfige Wächterrat kontrolliert laut Verfassung Gesetze und Kandidaten auf ihre Treue zu den islamischen Prinzipien.

Nach der jüngsten Entscheidung hatten reformorientierte Abgeordnete am Sonntag eine Parlamentssitzung verlassen und einen Sitzstreik im Gebäude begonnen. Die wichtigste Reformpartei, die IIPF des ebenfalls von der Wahl ausgeschlossenen Präsidentenbruders Mohammed-Reza Khatami, hielt eine Protestkundgebung ab. (AFP, Reuters, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2004)