Dass Fazio bei Parmalat möglicherweise zu lange tatenlos zugeschaut haben könnte, kritisieren auch Linke wie der Expremier und ausgewiesene Finanzfachmann Giuliano Amato. Sicher indes ist, Milchmagnat Calisto Tanzi steht wie Silvio Berlusconi für die spezielle Art des Familienkapitalismus norditalienischer Prägung, dessen Patrons es mit den Gesetzen offenbar nicht immer allzu genau nehmen. Bloß: Tanzi sitzt nun in Untersuchungshaft, Berlusconi in römischen Regierungspalästen. Nur die extensive Auslegung seiner Amtsbefugnisse hat ihn bisher davor geschützt, wegen Bestechung, Bilanzfälschung und Betruges ebenfalls hinter Gittern zu landen.
Insofern ist es mindestens doppelt ironisch, wenn Berlusconi seine Politlakaien nun von "corporate governance" faseln lässt. Denn der Zwilling der verantwortungsvollen Unternehmensführung, heißt es bei den seit Enron in diesen Dingen sehr sensiblen Amerikanern, ist "good government". Und davon ist Italien seit dem Amtsantritt des Cavaliere aus Mailand mindestens so weit entfernt wie Parmalat von ehrlicher Bilanzerstellung: Berlusconi hat diverse Steueramnestien erlassen, die noch den letzten redlichen Italiener geradezu zum Fiskalbetrug verleiten. Er hat weder seinen Interessenkonflikt als Premier und führender Medienunternehmer des Landes geregelt noch die Finger von unverschämtesten Manipulationen des Justizsystems zu seinen Gunsten gelassen. Er hat Italien international den Ruf einer Bananenrepublik verschafft, die statt eine EU- Verfassung zusammenzubringen, ohne zu zögern Russland und Israel in die Europäische Union holen würde.