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Foto: APA/ANSA/Renzis

"Pera, wer ist das?" die scheinbar achtlos hingeworfene Bemerkung des Zentralbankgouverneurs verfehlte ihre Wirkung nicht. Das hatte Antonio Fazio durchaus beabsichtigt. Denn ein Mann spontaner Gefühlsäußerungen war der Gouverneur noch nie. Marcello Pera bekleidet als Senatspräsident das zweithöchste Amt im Staat – und gehört zum Freundeskreis jenes Mannes, den Fazio am wenigsten schätzt: Wirtschaftsminister Giulio Tremonti (Forza Italia).

Der auf Lebenszeit amtierende Notenbankchef ist Tremonti wegen seiner Kritik am mangelnden Sparkurs der Regierung ein Dorn im Auge. Was lag da näher, als den Parmalat-Skandal gegen seinen Intimfeind zu nutzen? Seit Tagen fordert Forza Italia den Rücktritt Fazios. Parteisprecher Sandro Bondi warf ihm "sträfliche Verletzung seiner Aufsichtspflicht" vor und machte ihn für die Verluste der Sparer verantwortlich, deren Parmalat-Bonds nun wertlos seien. Und Tremonti witterte endlich die Chance, den Einflussbereich des Gouverneurs zu beschneiden.

Innerhalb der Regierungskoalition versuchen Nationale Allianz und Christdemokraten (UDC) dagegen schon lange, die Macht des Wirtschaftsministers einzudämmen, dessen Kompetenzen früher von fünf Ministerien wahrgenommen wurden. Der UDC galt Fazio stets als Ersatz für Premier Silvio Berlusconi – nach dem Vorbild von Staatschef Carlo Azeglio Ciampi, der ebenfalls vom Zentralbank- zum Regierungschef aufgestiegen war.

Jetzt versucht die UDC einen Drahtseilakt: Sie muss Fazio stützen, ohne dadurch ihre Wahlchancen zu schmälern. Gleichzeitig will sie verhindern, dass Tremonti sich auf Fazios Kosten profilieren und seinen Einfluss stärken kann. Das ist auch Ziel der Linken, die Tremonti daran hindern will, sich im Wahlkampf als Retter der Sparer aufzuspielen. Die Nationale Allianz wiederum kann Fazio schlecht fallen lassen, ohne den Wirtschaftsministers zu stärken, der in der Regierung als Mentor des ungeliebten Koalitionspartners Lega Nord agiert. Die erklärte indes: "Antonio Fazio muss wegen Beleidigung des Parlaments abtreten." (DER STANDARD, Printausgabe, 10.1.2004)