London/Den Haag/New York (APA/dpa) - Internationale Zeitungskommentare nehmen am Freitag zu der jüngsten US-Studie Stellung, nach deren Erkenntnissen die US-Regierung die vermeintliche Gefahr von Massenvernichtungswaffen vor ihrem Krieg gegen den Irak aufgebauscht habe und in diesem Zusammenhang Geheimdienstmaterial missbraucht wurde.

"Financial Times": "USA und England missbrauchten Geheimdienste"

"Neun Monate nach dem Fall des Regimes von Saddam Hussein wird es immer klarer, dass das Geheimdienstmaterial zur Rechtfertigung des Irak-Kriegs den zuvor in Washington und dann in London getroffenen Entscheidungen entsprechend angepasst wurde. Die USA und Großbritannien behandelten die Expertise der UNO-Waffeninspektor mit Geringschätzung - obwohl diese zuvor nachweislich irakische Waffenprogramme aufgedeckt hatten.

Im Gegensatz dazu ist es einer noch größeren Gruppe amerikanischer Inspektoren im besetzten Irak bisher nicht gelungen, die im vergangenen Februar von US-Außenminister Colin Powell vor dem UNO-Sicherheitsrat aufgestellten Behauptungen zu bestätigen. Dieses Versagen in Kombination mit dem Missbrauch geheimdienstlicher Informationen untergräbt die Rechtfertigung für jede Form von Präventivkrieg - sogar unter Umständen, die ihn andernfalls rechtfertigen könnten."

"de Volkskrant": Lieber zu früh eingreifen als zu spät

"Es bleibt schwierig, das Vorhandensein verbotener Waffenprogramme unumstößlich zu beweisen. In jüngster Vergangenheit zeigte sich, dass Nordkorea, der Iran und Libyen verbotene Aktivitäten entfaltet haben, die nicht sofort (und teilweise auch nicht über Jahre) entdeckt worden sind. Die Zeiten sind vorbei, als die Amerikaner Fotos von geheimen Raketenanlagen auf Kuba präsentieren konnten.

Die schwierige Beweislage kann auch in Zukunft zu frühzeitigem Eingreifen führen. Bush wird zwar jetzt vorgeworfen, dass die Bedrohung durch solche Waffen den Krieg nicht rechtfertigte. Aber er wird sich keinesfalls vorwerfen lassen, dass er geschlafen hat. Lieber zu früh eingreifen als zu spät, lautet die Parole im Weißen Haus. Die internationale Debatte über den Präventivkrieg ist noch längst nicht entschieden."

"The New York Times": Kurden im Irak sollten Autonomie erhalten

"Eine zentrale Frage ist das Ausmaß der kurdischen Macht und Unabhängigkeit. Einige hatten gehofft, dass die Kurden nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein die Autonomie aufgeben, um die Befürchtungen anderer irakischer Gruppen und der Nachbarn, wie der Türkei mit ihrer eigenen kurdischen Bevölkerung, zu besänftigen. Selbst unter den besten Umständen wäre es schwierig gewesen, diesen Trend abzublocken. Der verkürzte Zeitplan macht es unmöglich.

Die Kurden träumen von einem separaten Staat. Die Aufrechterhaltung der Autonomie ist ihre Minimalforderung. Das sollte akzeptiert werden, aber unter Bedingungen. (...) Die Rechte der turkmenischen und chaldäischen Minderheiten, die unter den Kurden leben, müssen in der Verfassung von föderaler und Regionalregierung geschützt werden." (APA)