Berlin - Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, hat die Entscheidung der EU-Kommission kritisiert, ein Seminar über Antisemitismus in Europa abzusagen. "Die EU zeigt damit, dass sie nicht sachlich vorgeht, sondern wie ein narzistisch gekränktes Kind", sagte Korn der "Berliner Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe). Das Seminar diene nicht dazu, den Juden in Europa einen Gefallen zu tun, sondern dazu, die Mehrheitsgesellschaft aufzuklären, um "demokratisches Verhalten langfristig zu festigen".

Hintergrund

Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC), Edgar M. Bronfman und der Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses, Cobi Benatoff, hatten der EU-Kommission vorgeworfen, sowohl durch ihr Tun als auch durch Unterlassen "antisemitisch" zu handeln. Die Anschuldigungen gehen zum einen zurück auf eine Umfrage des EU-Statistikamtes Eurostat, laut der 59 Prozent der EU-Bürger Israel als größte Gefahr für den Weltfrieden sehen. Zum anderen steht eine Untersuchung des von der EU finanzierten Zentrums zur Beobachtung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus im Raum. Laut Medienberichten wird darin festgestellt, dass Israels Politik im Nahost-Konflikt Ursache für antisemitische Zwischenfälle in Europa seien.

Nachlässige EU-Politik gegenüber Palästinensern

Nach Ansicht Korns waren nicht nur Umfrage und Studie verantwortlich für die Reaktion Bronfmans und Benatoffs. Ein langfristiger Aspekt dürfe nicht außer Acht gelassen werden: "Die EU hat jahrelang eine nachlässige Politik gegenüber den Palästinensern betrieben." Es sei viel Geld geflossen. Es habe aber kaum eine Kontrolle darüber gegeben, "ob das Geld in korrupten Systemen verschwindet oder gar für terroristische Zwecke gegen Israel verwendet wird", sagte Korn. Es scheine aber, als habe die EU seit etwa einem Jahr ihre Politik geändert, sagte der Vizepräsident des Zentralrats. (APA/dpa)