Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Archiv

Als Filmheld Ronald Reagan im Jahr 1967 Gouverneur von Kalifornien wurde, war die Freude, die er über seinen neuen Job empfand, erheblich getrübt: Er stieß sich nämlich an der Hausnummer 666 seines neuen Domizils. Also setzte er alle Hebel in Bewegung, dass die zuständigen Behörden das Nummernschild gegen eines mit einer ihm genehmen Zahl auswechselten.

Künstler sind abergläubisch, auch wenn sie keine mehr sind, sondern nur noch Politi- ker, könnte man sagen, und US-Gouverneure haben auch ihre Eigenheiten. Und wäre es keine andere als eine Aversion gegen die Zahl 666.

Allerdings steht der hochgestellte Herr, der es trotz seiner numerologischen Idiosynkrasie bis zum Präsidenten der Vereinigten Staaten brachte, nicht allein da. So hat man in diesem Jahr den auch durch Kalifornien führenden und Route 666 genannten Highway auf vielfachen Wunsch von Anrainern in Route 491 umbenannt.

Und, um noch kurz in den Vereinigten Staaten zu verweilen, der Akt, den das FBI über Leonard Bernsteins angebliche Kontakte zu Kommunisten angelegt und 1994 veröffentlicht hatte, war - gewiss zufällig - exakt 666 Seiten dick.

Doch auch diesseits des Atlantiks scheint die Zahl 666 negativ besetzt. So wurde die Tatsache, dass der neue Deutsche Bundestag in seiner 14. Wahlperiode (1998-2002) 666 Abgeordnete hat, als böses Omen gewertet, dem man nachträglich auch Rechnung trug: Die offizielle Zahl der Sitze beträgt nun 662 nebst vier Reservesitzen.

Manchen gibt auch das als Abkürzung für World Wide Web verwendete Signal www., ohne das kein Internetsurfer auf den von ihm angepeilten Adressen landet, zu denken. Vor allem das dritte W scheint vielen verdächtig. Bedeutet das Wort web im englischen Sprachgebrauch doch vorwiegend Spinnennetz, während man im technischen Englisch für Netz üblicherweise das Wort net verwendet.

Den Grund dafür sehen Numerologen im Zahlenwert des Buchstaben W, der nach traditionell kabbalistischer Umrechnung die Sechs ist. So ist der arglose Internetuser gezwungen ist, zigmal täglich, wenn auch unbewusst, die ominöse Zahl 666 zu tippen. Dagegen scheint der mathematische Umstand, dass die Summe aller am Roulettetisch besetzbaren Zahlen ebenfalls 666 ist, beinah vernachlässigbar.

Trotzdem dürfte es sich bei den Feinden dieser Zahl keineswegs bloß um ein Grüppchen von überspannten Sonderlingen handeln. Immerhin haben allein in Deutschland schon bis zum Jahr 1995 mehr als 20.000 Personen gegen den an allen Waren angebrachten und weltweit gültigen Strichcode protestiert.

Auch hier stehen die in verschiedenen Kombinationen aufscheinenden dicken und dünnen Striche für Zahlen. Bei genauer Betrachtung eines solchen Strichcodes fallen drei Doppellinien auf, die länger sind als die übrigen. Sie befinden sich an den beiden Außenrändern und in der Mitte. Und ihr Zahlenwert ist erstaunlicherweise abermals die Sechs.

Nun mag man damit umgehen, wie man will, Tatsache bleibt, dass bei jedem Stück, das in aller Welt über einen Ladentisch geht, dem Käufer die Zahl 666, wenn auch in verschlüsselter Form, mitgeliefert wird.

Man könnte diesen 666er-Code auch als Computerfutter bezeichnen. Zum Ersten, weil die miteinander vernetzten drei größten Computer der Welt - einer in Dallas, einer in Brüssel und einer in Amsterdam - von denen, die sie warten und nutzen, als the beast bezeichnet werden. Zum anderen, weil das Wort Computer in numerologischer Umrechnung ebenfalls die Zahl 666 ergibt.

In diesem Zusammenhang wird sehr gerne folgende Stelle aus der Geheimen Offenbarung des Johannes zitiert: "Und es (das Tier) bewirkt, dass alle, die Kleinen und die Großen, die Reichen und die Armen, die Freien und die Sklaven, sich ein Zeichen an die Hand oder an die Stirn machen, und dass niemand kaufen und verkaufen kann, wenn er nicht das Zeichen hat, nämlich den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. . . Und seine Zahl ist 666."

Nicht umsonst gilt die auf den Kopf gestellte 6, also die Zahl 9, als deren numerologisches Gegengift. Sie ergibt sich aus der Ziffernsumme der Zahlen, die den Buchstaben des Namens Jesus entsprechen.

Wer in diesem Zusammenhang von Zufällen spricht, liegt wahrscheinlich gar nicht so falsch. Wenn auch nicht in dem Sinn, den er meint. Denn längst schon ist erwiesen, dass der kausal bedingte und logisch nachvollziehbare "Fall" nur eine Sonderabteilung des Zufalls ist.

Und dass Chaostheorie, Synergetik und Synchronizitätslehre vielfältige Ordnungsmuster kennen, mit denen Fakten und Vermutungen um die Zahl 666 in einen größeren bildhaften Kosmos eingegliedert werden, wo kausale Begründungen keine Rolle mehr spielen. (Peter Vujica/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3./4. 1. 2004)