Afghanistan Picture Show oder Wie ich lernte, die Welt zu retten ist, so viel vorweg, das Protokoll eines Scheiterns, in seinem Scheitern jedoch um einiges aufschlussreicher, als es ein auf allgemein gültige Einsichten angelegter Erfahrungsbericht sein könnte. Denn anders als selbst ernannte Chefankläger wie Michael Moore geht Vollmann Widersprüchlichkeiten nicht aus dem Weg: "Können wir ein Wandbild der Güte und Wahrheit malen, bevor wir die richtige Wand dafür gefunden haben?", fragt er im Vorwort des Buches, das auf die Ereignisse des 11. September Bezug nimmt, ursprünglich aber bereits 1992 erschienenen ist.
Was Vollmann in Afghanistan widerfährt, ist so zuallererst die Überwältigung durch das Fremde. Sie äußert sich körperlich in einem nicht enden wollenden Durchfall, einem Durst, den er mit Unmengen an Sprite-Dosen zu löschen versucht. Solche subjektiven Befindlichkeiten sind bei Vollmann nicht komisch intendiert: Der US-Autor ist vielmehr berühmt dafür, in den Recherchen für seine Bücher an die eigenen Grenzen zu gehen. Sein Interesse gilt den gesellschaftlichen Verlieren - ob Prostituierten oder Crack-Süchtigen - in deren Milieus er, ein Method-Writer gewissermaßen, eindringt: Die Selbsterfahrung ist bei ihm die Grundbedingung jedes Schreibens.
Anders als seine restlichen Werke - etwa eine Romanserie zur Kolonisierung des nordamerikanischen Kontinents - ist Afghanistan Picture Show, übrigens Vollmanns erste Übersetzung ins Deutsche, ein rein dokumentarisches Buch. Er blickt darin auf sich selbst als jungen Mann zurück, belächelt dessen Altruismus, die Ernsthaftigkeit, mit der er sich seiner Sache widmet und dabei zunehmend die Übersicht verliert. Die Situation, der sich der junge Autor aussetzt, ist schlichtweg zu groß. Der empirische Eifer, mittels Interviews die Lage der afghanischen Flüchtlinge in Pakistan, den Zustand der Lager, die Rolle der Frauen, die verwirrende Komplexität verfeindeter Mudjahedin-Gruppen usw. zu durchschauen, weicht insofern immer mehr dem Eindruck, im Grunde zu gar nichts nutze zu sein.