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EVN Generaldirektor Rudolf Gruber: "Es muss zuerst das Licht ausgehen, damit etwas geschieht."

APA/GUENTER R. ARTINGER

Entwicklung der Stromerzeugung aun erneubaren Energien bis 2010.

Der Standard
Wien - "Es muss zuerst das Licht ausgehen, damit etwas geschieht. Das ist absurd." EVN-Chef Rudolf Gruber erwartet, dass sich das Szenario aus 2003 im heurigen Jahr wiederholt und der Strom in Europa öfters flächendeckend ausfällt.

"Weil Investitionen in der Energiewirtschaft langfristig erfolgen und sich in den vergangenen Jahren vieles aufgestaut hat", wie er dem STANDARD sagte. "Das neue Jahr bringt neue Stromausfälle, das lässt sich kaum vermeiden."

Mit schuld sei die Politik, die zulasse, dass Stromregulatoren in ganz Europa ziemlich willkürlich Senkungen der Netztarife verordneten. Das führe dazu, dass in das Leitungsnetz kaum mehr investiert werde. Gruber: "Weil es sich nicht rentiert." Wegen der langen Vorlaufzeiten bei Stromprojekten sei kurzfristig auch keine Entspannung zu erwarten.

In Österreich etwa hat die Regulierungsbehörde E-Control zuletzt Anfang November eine Senkung der Durchleitungsgebühren verfügt. "Wir haben Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingereicht, das Land Niederösterreich als Mehrheitsaktionär hat dasselbe getan", sagte Gruber, "das macht keinen Sinn, ist nicht mehr verkraftbar."

Verzinsung zu gering

Die Nettorealverzinsung (inflationsbereinigt und nach Steuern) des eingesetzten Kapitals betrage im Fall der EVN 2,7 Prozent. "Für einen Vorstand ist es aktienrechtlich nicht vertretbar, unter diesen Bedingungen zu investieren", sagte Gruber. Notwendig sei eine Nettoverzinsung von "zumindest sieben Prozent". Im Durchschnitt der vergangenen Jahre hat die Elektrizitätsbranche in Österreich nach Angaben des EVN-Chefs knapp 400 Mio. Euro pro Jahr in Netz-und Verteilanlagen investiert. Mit 46.000 Kilometern verfügt die EVN über das größte Leitungsnetz im Land.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sei aufgefordert, eine Grundsatzverordnung zu erlassen, in der die Grundsätze für die Netztarifierung abgebildet sind. An diese habe sich dann auch der Stromregulator zu halten, der nach Ansicht von Gruber zurzeit über einen zu großen Handlungsspielraum verfügt.

Versorgungssicherheit

In der Grundsatzverordnung sollte auch Antwort auf die Frage gegeben werden, was Versorgungssicherheit ist. Auch sollte geklärt werden, was diese kosten soll und welche Voraussetzungen notwendig sind, die Stromversorgung im liberalisierten Markt langfristig zu sichern.

Eine "Bewegung im Denken" stellt Gruber nun auf europäischer Ebene fest: "Man kommt langsam drauf, dass der freie Markt zu kurzfristig orientiert ist, um für ausreichend Investitionen in Kraftwerke und Netze zu sorgen."

Im Dezember hat EU-Energiekommissarin Loyola de Palacio einen Richtlinienentwurf präsentiert. Die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, die Energiekonzerne zum Ausbau der Netzinfrastruktur und zum Vorhalten ausreichender Elektrizitätsreserven anzuhalten. (DER STANDARD Printausgabe, 30.01.2004, Günther Strobl)