Wien – In ihrem Ausblick auf das Jahr 2004 hat die Industriellenvereinigung (IV) unter der Überschrift "Wettbewerbsfähigkeit steigern" eine durchaus optimistische Haltung eingenommen. Den Hauptgrund dazu liefern die relativ günstigen Wachstumsaussichten für die beiden kommenden Jahre, wie zuletzt von den Wirtschaftsforschern bestätigt wurde. Erstmals seit langem steigt daher auch der von der IV fiktiv errechnete Aktienkurs der Österreich AG.
Trotz allen Glaubens an den nahenden Konjunkturaufschwung wartete die IV mit einer Reihe an Forderungen auf. Zentral ist dabei ihr Wunsch, mehr als die Hälfte des Steuerreform-Kuchens 2005 zu ergattern. In Aussicht gestellt wurde von der Bundesregierung ein Gesamtentlastungsvolumen von 2,5 Milliarden Euro. Davon will IV-Präsident Peter Mitterbauer 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro für die Entlastung der österreichischen Unternehmen eingesetzt wissen. Wie auch die ÖVP verwendet die Industriellenvereinigung, die sich als "politisch, aber niemals parteipolitisch" definiert, dafür das Schlagwort "Standortsicherung".
Zweier vor KöSt-Satz
Zentraler Punkt ist dabei die von der Bundesregierung durchaus erhörte Forderung nach einer merklichen Absenkung der Körperschaftssteuer, deren gesetzlicher Satz derzeit bei 34 Prozent liegt. Mitterbauer will die Körperschaftssteuer unter 30 Prozent gesenkt wissen, was bereits 600 Millionen Euro kosten würde. Klares Ziel der IV ist es – wenn auch realistischerweise nur in Etappen erreichbar -, dass die Körperschaftssteuer rasch auf 25 Prozent gesenkt wird.
Mit im steuerlichen Forderungspaket der IV ist darüber hinaus eine Verbesserung in der Konzernbesteuerung. Nach derzeitiger Rechtslage können Verluste von Auslandstöchtern nur dann steuermindernd mit Gewinnen im Inland gegengerechnet werden, wenn die Auslandstöchter bloße Betriebsstätten sind. Bei "richtigen" Auslandstöchtern, also eigenen Personen- oder Kapitalgesellschaften, ist dies nicht erlaubt. Dies soll laut IV ermöglicht werden, um die bisher erfolgreiche Expansion heimischer Unternehmen nach Mittel-und Osteuropa weiter zu fördern und voranzutreiben.
Ausdrücklich gelobt werden von der Industrie Fortschritte in der Forschungsförderung sowie die heftig umstrittenen Maßnahmen bei ÖBB, Pensionen, Universitäten oder im Gesundheitsbereich. Unzufrieden sind die Interessenvertreter mit der Arbeit des Österreich-Konvents. Die wirtschaftlichen Aspekte einer Neuordnung des Verhältnisses zwischen Bund, Ländern und Gemeinden seien bisher viel zu wenig beachtet worden. Bei früheren Gelegenheiten war ein Einsparungsziel von drei Milliarden Euro genannt worden.
Sorgen um Eurokurs
Die kräftige Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar macht der Industrie zunehmend Sorgen. Bei einem weiteren Euroanstieg würde sich Europa langsam der wirtschaftlichen "Gefahrenzone" nähern, sagt OECD-Chefvolkswirt Jean-Philippe Cotis.
Der Leiter des Institutes für Höhere Studien in Wien, Bernhard Felderer hält dem entgegen: "Einzelne Exporteure sind sehr wohl betroffen und erzählen Schauergeschichten. Für die Volkswirtschaft insgesamt hat der Eurokursanstieg noch keine größere Bedeutung. Die Auftriebskräfte der Konjunkturerholung sind stark genug."
IV-Chefvolkswirt Erhard Fürst sieht hingegen die Schmerzgrenze beim Euro mit 1,25 zum Dollar erreicht, auch wenn die Betroffenheit einzelner Betriebe tatsächlich höchst unterschiedlich sei. Generell gesprochen dämpfe der hohe Euro jedoch die Inflation, daher sei weiterer Zinssenkungsspielraum vorhanden, merkte Fürst an. (DER STANDARD Printausgabe, 31.12.2003 miba)