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Nicht nur die effizientesten Burgerkönige ihrer Kleinstadt: Matt Damon und Greg Kinnear als siamesisches Brüderpaar in "Stuck on You"

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Wien - Ob zwei Dummköpfe, ein schizophrener Provinzgendarm, Rollstuhlfahrer, die gar nicht gelähmt sind, oder ein misogyner Zwangsaufreißer - die Filme des US-Regisseursduos Peter und Bobby Farrelly waren von Anfang an bevölkert von gesellschaftlichen Randfiguren, deren Defekte nicht vornehm verschwiegen, sondern eben als integraler Teil ihrer Persönlichkeitsstruktur begriffen und konsequent ausgestellt wurden.

Stuck on You / Unzertrennlich, ihre jüngste Komödiengroßtat, führt dieses Prinzip an zwei Figuren fort, die gemeinhin nur dann Schlagzeilen machen, wenn sie zu chirurgischen Krimis motivieren: an siamesischen Zwillingen.

Wobei die Genuität der Farrellys nun darin liegt, Bob und Walter Tenor (Matt Damon und Greg Kinnear), durch die Bauchdecke und eine gemeinsame Leber verbunden, als glückliche Brüder zu etablieren, denen die Kleinstadt-Community den großen Rücken stärkt und deren Handicap ihre eigentliche Stärke ist: ob bei der Burger-Anfertigung im Rekordtempo oder anderen sportlichen Höchstleistungen.

Dabei wird der Humor der Farrellys - der sehr amerikanischen Tradition des "gross-out", der Übersteigerung des Körperlichen ins Exzessive, geschuldet - von Arbeit zu Arbeit weniger wesentlich. Denn wie schon zuletzt, beim warmherzigen Shallow Hal, der in der übergewichtigen Gwyneth Paltrow eine anmutige Schönheit sah, gibt Stuck on You eine zutiefst ethische Erzählung Halt, in der die Zoten eher erleichterndes Beiwerk sind.

Die Bewährungsprobe kommt darin als Ehrgeiz des einen, den der andere nicht teilt: Walter will in Hollywood sein Glück als Schauspieler versuchen, dabei droht die Nähe zum sensiblen Bob erstmals zur Bürde zu werden. Aber nur beinahe: Gemeinsam schleppen sie sich von einem Casting zum nächsten, vorne das zuversichtliche Frohgemut, dahinter gebückt, von Panikattacken gebeutelt, sein Bruder - bis es Walter tatsächlich gelingt, neben einer monströsen Cher in einer TV-Serie zum Star aufzusteigen.

Kluge Romantiker

Die Farrellys sind jedoch zu klug, um es bei diesem Schwenk zur Showbizsatire mit etlichen Cameos bewenden zu lassen. Niemals könnten sie davon erzählen, wie ein Vorhaben gelingt, nur weil man einen Teil von sich selbst verleugnet - wenn Bob seiner Brieffreundin gegenüber tritt und erfolgreich das Band zu seinem Bruder unterschlägt oder sich Walters Erfolg seinem Status als Freak verdankt und nur noch die trennende Operation individuellen Erfolg zu gewährleisten scheint.

Die wunderbare finale Wendung von Stuck on You bringt denn auch die Einsicht, dass alleine gar nichts geht, nicht einmal das Gehen, und der Schritt in die "Normalität" einen unwiederbringlichen Verlust markiert. Mit dieser Affirmation einer brüderlichen Liebe, die vollkommen ist, wiewohl sie aus denkbar ungewöhnlichen Umständen erwachsen ist, geben sich die Farrellys wieder einmal als die wohl größten Romantiker im gegenwärtigen US-Kino zu erkennen. (DER STANDARD, Printausgabe, 31.12.2003/1.1.2004)