Benita Ferrero-Waldner mit Ehemann Fransico Ferrero-Campos im Rahmen des Wiener Opernballes 2003

München - "In der Welt der Diplomatie geschieht nichts absichtslos. So erweist sich gar als Akt politischer Weisheit, dass Österreichs Außenministerin Benita Ferrero-Waldner nach langen zivilen Ehejahren mit ihrem Mann Francisco Ferrero Campos zu Weihnachten doch noch vor den Traualtar getreten ist. Zuvor war die erste Ehe des Gatten kirchlich annulliert worden. Ein Akt, der zumindest in früheren Zeiten in etwa so leicht zu haben war wie eine Heiligsprechung", schreibt die "Süddeutsche Zeitung" am Montag zum bevorstehenden österreichischen Präsidentschaftswahlkampf.

Segen

"Nun erhofft sich die Österreichische Volkspartei, dass davon etwas zum Segen der ganzen Republik abfällt. (...) Für diese Kandidatur ist der fromme Eheakt höchst bedeutsam. Denn Amtsinhaber Thomas Klestils redliches Bemühen um moralische Autorität hatte ausgerechnet an einer ehelichen Affäre schwer Schaden genommen. Die ÖVP, die Gott neuerdings wieder auffällig häufig im Munde führt, will da diesmal blitzsauber starten..."

Willenlos

Ferrero-Waldner gelte als "politisch nahezu willenloses Werkzeug des Bundeskanzlers", heißt es in dem Kommentar. "Würde sie also Anfang April (zur Bundespräsidentin, Anm.) gewählt, so geriete aus der Sicht argwöhnischer Bürger Österreichs gesamte Staatsspitze in ein und dieselbe Hand - in die Wolfgang Schüssels nämlich. Der Bundespräsident Österreichs ist jedoch eine mächtige Figur. Wegen der Ausgewogenheit wünschen sich viele da doch lieber den sozialdemokratischen Kandidaten Heinz Fischer, den letzten aus Bruno Kreiskys Zeiten herüber ragenden 'Roten' der Republik, als neues Staatsoberhaupt."

Venus

Schon jetzt höre man im Umkreis des Regierungschefs, "auch mit dem als entschlussschwach durchschauten 'roten' Fischer könne es nur angenehmer werden als mit dem 'schwarzen' Klestil. Als wäre die eigene Kandidatin Ferrero-Waldner schon abgeschrieben. (...) Österreichs Medien tragen der präsumtiven Kandidatin einiges nach: Als beim turbulenten G-8-Gipfel in Genua harmlose Wiener Theaterleute für Wochen in italienischer Haft landeten, vermochte Ferrero nichts Kritikwürdiges daran finden. Als aber ein österreichischer Polizist im Kosovo als prügelnder Rechtsbrecher aufflog, entzog ihn Wien sofort gesetzeswidrig der UN-Justiz. Alles im Zeichen der Venus", schreibt die "Süddeutsche Zeitung". (APA)