Mehr als 200 amerikanische Soldaten sind seit April im Irak gestorben.

Washington/Bagdad/Sofia - Die USA dürften ihre Pläne für eine umfassende Neugestaltung des besetzten Irak angesichts der anhaltenden Schwierigkeiten drastisch zurückgeschraubt haben. Nach Informationen der "Washington Post", die sich in ihrer Sonntag-Ausgabe auf Regierungskreise beruft, suchen die USA nunmehr einen raschen Kompromiss mit irakischen Vertretern, um diesen die politische Verantwortung zu übergeben.

Privatisierung abgesagt

Ehrgeizige US-Projekte für eine Privatisierung der staatlichen Wirtschaft im Irak seien praktisch fallen gelassen worden, berichtete die "Washington Post". "Es ist keine Frage, dass viele der größeren Projekte verschoben oder ganz gestrichen wurden", vertraute ein hoher US-Regierungsvertreter der Zeitung an. Zu den Projekten, die aus Sorge vor neuen Ressentiments gestoppt wurden, gehörten die Entwaffnung kurdischer Milizen im Nordirak und eine Umstrukturierung des Nahrungshilfeprogramms. Zuvor hatten die USA bereits von dem Plan Abstand genommen, dass vor Wahlen im Irak eine neue Verfassung erarbeitet werden müsse.

Nach dem im November von US-Zivilgouverneur Paul Bremer vorgelegten Plan für einen Machttransfer sollen ausgesuchte Provinzvertreter die Mitglieder einer Übergangsversammlung bestimmen, die bis Ende Juni eine souveräne Übergangsregierung einsetzt. Die Schiiten verlangen jedoch eine Direktwahl des Übergangsparlaments. Die USA und die nicht-schiitischen Gruppen sind gegen eine Direktwahl, da eine solche automatisch zu einer absoluten Schiiten-Mehrheit in der Übergangsversammlung führen würde.

Keine Labore gefunden

Gouverneur Bremer widersprach Angaben, wonach es im Irak Labore für die Herstellung von Massenvernichtungswaffen gegeben habe. Er habe den Bericht des Chefs der Irak-Überwachungsgruppe, David Kay, gelesen und wisse daher nicht, woher derartige Behauptungen kommen könnten, sagte Bremer dem britischen Fernsehsender ITV. Großbritanniens Premierminister Tony Blair hatte dagegen Mitte Dezember gesagt, die Überwachungsgruppe habe "handfeste Beweise" für die Existenz solcher Labore.

Opferzahl steigt

Die Zahl der US-Opfer im Irak ist stark gestiegen. Allein in den vergangenen vier Monaten habe sich die Zahl der getöteten amerikanischen Soldaten im Vergleich zu den Vormonaten verdoppelt, berichtete die "Washington Post" . So seien vom 1. September bis zum 26. Dezember 145 US-Soldaten getötet worden. Vom 1. Mai, als Präsident George W. Bush das offizielle Ende der Kampfhandlungen verkündet hatte, bis zum 30. August seien nach Pentagon-Informationen 65 Soldaten getötet worden. Die Festnahme des früheren irakischen Staatschefs Saddam Hussein habe nicht zu einem Rückgang der Gewalt geführt. Auch die Zahl der Verwundungen ist demnach dramatisch gestiegen. Seit dem 1. September seien mehr als 1.200 amerikanische Soldaten verletzt worden - doppelt so viele wie in den vier Monaten zuvor. Diese Zahlen zeigten, dass sich die Aufständischen immer besser organisierten, sagte der Militärexperte Andrew Krepinevich der Zeitung. Er betonte zugleich, die Verluste hätten noch lange kein Ausmaß erreicht, das "den Auftrag gefährden" könne. Noch akzeptiere die amerikanische Bevölkerung die täglichen Verluste, die erheblich unter denen des Vietnamkrieges lägen. (APA/dpa/AP)