Die Frage der "Refusniks" - derjenigen israelischen Soldaten, die den Militärdienst in den Palästinensergebieten verweigern - trifft die israelische Demokratie mitten ins Herz. Von außen betrachtet mag man sich mit dem Urteil leicht tun: besetzte Gebiete, Operationen, bei denen sich militärische und politische Begründungen vermischen oder die mit Begriffen wie "Vergeltung" überschrieben werden. Unter diesen Umständen soll ein Soldat nicht das Recht haben, Nein zu sagen?

Die andere Seite: Systematische Angriffe im Inland mit Hunderten toten Zivilisten, die Regierung ergreift Schritte. Man kann diese Schritte kritisieren, ganz ablehnen, man kann die Geschichte, die zu dieser Situation geführt haben, in Betracht ziehen, aber es bleibt dabei: Die demokratisch gewählte Regierung eines Landes in einer Krisensituation fällt Entscheidungen. Und Angehörige der Armee des Landes, die auf dieses Land einen Eid geleistet haben, verweigern die Ausführung.

Keine Regierung irgend eines Landes wird dazu applaudieren. In Israel hat sich, seit der frühere Generalstabschef Raul Mofaz Verteidigungsminister ist, der Ton aber dramatisch geändert. Die Verweigerer werden systematisch kriminalisiert, bis hin zum Hochverratsvorwurf - wobei gleichzeitig kein Zweifel besteht, dass diese Leute in einem "echten" Krieg, gegen Soldaten, für ihr Land jederzeit kämpfen würden.

Eine außergewöhnliche Situation - und während die Regierung für sich und ihre für einen demokratischen Rechtsstaat problematischen Aktionen diese außergewöhnliche Situation reklamiert, kann sie das einer kleinen Gruppe von Soldaten nicht zugestehen. Und das in einem Land, in dem es eine Gruppe von Menschen gibt, die gleichzeitig ebenfalls aus einem ethischen Prinzip - so begründen ja auch die Refusniks ihre Weigerung - keinen Militärdienst leisten, und zwar überhaupt keinen: die Orthodoxen. Natürlich ohne dafür kriminalisiert zu werden, ganz im Gegenteil. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25./26.12.2003)