Matthias Cremer
...Aber was einem das deutsche Privat-TV da so auftischt, schlägt einem wirklich auf den Magen.


Okay, das mit den Punschstandeln ist in spätestens einer Woche ausgestanden, bis dahin bleiben die Hütten aller Voraussicht nach stehen (warum schauen die eigentlich überall im ganzen Land absolut identisch aus, warum müssen mich diese lächerlichen Holzhütten mit Tannenreisig-Verbrämung in Graz genauso nerven wie in Wels und Wien? Gibt's da Vorschriften?), statt Waldviertler Strohsternen und Zillertaler Hodenwärmern gibt's dann halt Glücksklee und Schweinderln in allen Variationen.

Okay, das mit den unsäglichen Weihnachtsfeiern dürfte mit dem heutigen Tag jedenfalls definitiv zu Ende sein, man kann also wieder ganz normal in Lokalen fragen, ob noch ein Tisch für heute Abend frei ist, ohne dass man sich blöd anschauen lassen muss und gesagt bekommt, ob man denn nicht weiß, dass doch schon die letzten drei Wochen jeder Tag für "geschlossenen Gesellschaften" (meistens im wahrsten Sinne des Wortes) reserviert sei.

Gut, das also hätten wir. Was allerdings langsam aber sicher immer schlimmer wird, ist diese Sache mit den deutschen Fernsehköchen: Befeuert vom unglaublichen Erfolg des Briten Jamie Oliver (ich fand ihn am Anfang zum Kotzen, wurde aber mittlerweile bekehrt. Bei "Akte X" und "Sex and the City" war's genauso ...), sah sich Pro 7 irgendwann einmal gezwungen, auch so was zu machen.

Man holte sich einen mitteljungen Mann namens Ralf Zacherl, der einmal bei Deutschlands Parade-Jungwildem Stefan Marquard gekocht hatte (Faible für Punkrock, komische Brillen und coole Tücher im gefönten Haar sind Voraussetzung hier, küchentechnisch ist die Linie weniger speziell) und entsprechend dieser Sozialisation über ein einigermaßen wiedererkennbares Äußeres verfügt. Seit März steht der kleine Mann mit dem Kung Fu-Bart, der polierten Glatze und dem heftigen Sprachfehler da jetzt in der Pro 7-Studioküche und verbreitet Weisheiten, die einem das Geimpfte aufgehen lassen: "Die Münchner Weißwurst heißt Münchner Weißwurst, weil sie aus München kommt und weil sie weiß ist ..." Schreikrampf!!!

Wenn Ralf Zacherl, wie es das jungdynamische Koch-Format eben vorschreibt, dann im Supermarkt einkaufen geht, kriegt man das große Kribbeln, und wer immer noch nicht abgeschaltet hat, wenn Ralf dann cool-spritzige Studiogäste zu Besuch hat, mit denen er hölzern über irgendeinen Schwachsinn daherstammelt, der verdient echt einen Orden. Zacherls Motto lautet übrigens "Du musst halt das entsprechende Gefühl für die Verarbeitung von Lebensmitteln inne haben". Danke, setzen, Nicht Genügend.

Aber in Wirklichkeit ist der öde Zacherl ja noch gar nichts gegen das, was einem RTL2 da jetzt seit Anfang Dezember zumutet: Die Sendung heißt "Was kochst du?" und ist genialerweise im Anschluss an die Wiederholungen von Olivers Kochshow geschaltet. Was den Kontrast zwischen Licht und Schatten, zwischen erstklassiger Fernseh-Unterhaltung und bodenlosem Stumpfsinn, zwischen Original und der Kopie einer Kopie nahezu unerträglich deutlich macht. Die Sendung, "die Leben unter die Dunsthaube bringt" mit einem gewissen René Steinbach, der sowohl das Aussehen als auch die Allgemeinbildung und Geistesgegenwart eines Fussballspielers besitzt, ist dermaßen übel, dass man's gar nicht fassen kann.

Dass Jamie Oliver hier unglaublich stümperhaft kopiert wird, versucht man offensichtlich nicht einmal zu verheimlichen, aber es gelingt halt so irrsinnig schlecht: Die Küche schaut wie ein Ikea-Nachbau von Jamies Koch-Studio aus, die Kameraführung versucht Dynamik zu vermitteln, ist aber einfach nur laienhaft, die Beleuchtung überhaupt unterm Hund, der Handlungsplot von Oliver übelst abgekupfert und amateurhaft nachgespielt, die Dialoge ein einziger Graus. Und René Steinbachs Kreativität erschöpft sich eigentlich darin, dass er pro Gang ein paar Becher Schlagobers öffnet und ein bisschen Zucker reintut ­ und zwar grundsätzlich, überall und immer. Ich mein, da ist ja der unerträgliche Werbespot des amerikanischen Reis-Konzerns vor und nach Jamie Oliver im ORF noch erträglicher (wo fröhliche, coole Menschen mit Hilfe von Fertiggerichten so tun, als ob sie Wok kochen würden)!

Aber mal sehen, was das neue Jahr im heimischen Sender noch so bringt. Auf Oliver Auspitz oder irgendwelche sprühenden Starmania-Fuzzis in Schürze und mit "echt coolen, einfach-genialen" Rezepten wird man doch wohl kommen, denk ich doch. Als Stargast dann Roland Düringer, den man im Fernsehen eigentlich eh sehr selten sieht, und der brät dann ein Steak auf der Motorhaube irgendeines Prolo-Schlittens. Jö, ich freu mich schon ...