Jim Leaviss ist im britischen Fondshaus M&G für alle Anleihenfonds für das Publikum verantwortlich und managt selbst einen klassischen Anleihenfonds

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Foto: EPA/ Robyn Beck

Unternehmensanleihen dürften ihre Performance 2003 zwar nicht wiederholen - sie 2004 abzuschreiben könnte aber ein Fehler sein.

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Im Schatten der kräftigen Erholung der Aktienmärkte im Paket mit der anziehenden Konjunktur haben die Anleihenmärkte gelitten und stehen auch 2004 ungünstiger da. Die Trendwende an der Zinsfront, weg von den historisch niedrigen Niveaus, ist gekommen. Und historisch betrachtet ist der natürliche Feind von länger laufenden Anleihen ein steigendes Zinsniveau. Das senkt die Kurse und erhöht damit die Renditen.

Der seit Monaten anhaltende Trend zu höheren Renditen bei zehnjährigen Staatsanleihen in Europa und den USA dürfte sich den Bond-Experten zufolge noch verstärken. Die Raiffeisen Centrobank (RCB) etwa sieht die Renditen der zehnjährigen US-Anleihen um 50 Basispunkte auf fünf Prozent steigen. In Kombination mit dem steigenden Euro ein klares Verkaufsargument. Aber im besten Fall ist das Aufwärtspotenzial bei allen Laufzeiten auch im Euroraum gering, selbst wenn die Zinsen hier noch niedrig bleiben sollten. Kurze Laufzeiten und variabel verzinste Tranchen sollten daher die Neuzugänge in den Anleihenportfolios bilden. Das ist allerdings mit negativen Auswirkungen auf den Ertrag verbunden: Je kürzer die Laufzeit, desto niedriger der Ertrag, erinnern etwa die Bond-Experten aus dem Hause Invesco.

High Yield

Besser verdienen auf der Anleihenseite lässt sich daher mit Unternehmensanleihen von schlechterer Bonität (High Yield), schließt das Argumentarium großer Anleihenfondsmanager. Gemeinsam mit der wirtschaftlichen Erholung sollte das Pleitenrisiko bei diesen "Junkbonds" weiter sinken, der Risikoaufschlag, den sie ihren Anleihengläubigern bezahlen müssen, sinkt aber parallel ebenso. Die zweistelligen Erträge aus 2003 dürften damit nicht mehr zu erzielen sein, ist David Fancourt, Manager des High Yield Corporate Bond Fund von M&G überzeugt. "Wir gehen davon aus, dass die Zinsdifferenzen bei Hochzinsanleihen weiter schrumpfen und für erhöhten Mittelzufluss in diesem Segment sorgen", so Laurence Mutkin, Direktor der Anleihenstrategie bei Threadneedle.

Jim Leaviss, Chef der Publikumsanleihenfonds bei M&G in London, plädiert trotzdem insgesamt für "mehr Anleihen".

STANDARD: Rund die Hälfte der Marktteilnehmer geht von deutlichen Zinserhöhungen in den USA aus. Warum glauben Sie daran nicht?

Leaviss: Weil der private Konsum, von dem die amerikanische Erholung lebt, so zinssensitiv wie noch nie ist - die Ausgaben sind ja überwiegend kreditfinanziert. Keine Notenbank wird da massive Zinsschritte riskieren, die Kreditrückzahlungen stark verteuert und damit den Konsum abwürgen könnte. Wir erwarten steigende Zinsen, aber moderat und langsam.

STANDARD: Klassische Anleihen bringen aber trotzdem weniger Ertrag. Erwarten Sie Rückflüsse aus den klassischen Anleihenfonds?

Leaviss: Wenn Sie sich an die goldene Regel erinnern, dass der Anteil von Anleihen im Portfolio dem Lebensalter des Investors entsprechen sollte, dann sehe ich im Gegenteil noch großen Aufholbedarf. Britische Pensionsfonds halten derzeit nur 26,5 Prozent Anleihen und über 63 Prozent Aktien. In privaten Portfolios ist das Missverhältnis noch krasser. (Karin Bauer, DER STANDARD, Printausgabe, 22.12.2003)