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Nazi-Jäger und Leiter des Jerusalemer Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff: "wenn irgendjemand daran zweifle, dass es in Österreich Antisemitismus gebe, untermauerten die bisherigen Hotline-Erfahrungen, dass viele hier lebende Menschen kein Interesse hätten, durch ein entsprechendes Gerichtsverfahren mit diesem Teil der Geschichte konfrontiert zu werden."

foto: reuters/cristel
Wien - Ernüchtert zeigt sich der Nazi-Jäger und Leiter des Jerusalemer Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff, über die ersten Ergebnisse der diese Woche angelaufenen Hotline für Hinweise zur Ergreifung noch lebender potenzieller österreichischer NS-Kriegsverbrecher. Zu einem Fall sei etwas Information gekommen - das Gros der Anrufer habe allerdings entweder gemeint, man solle diese alten Männer in Ruhe lassen oder habe Kritik an Israel geübt oder habe sich grundsätzlich antisemitisch geäußert, so Zuroff.

Mit der "Operation letzte Chance", bei der für entscheidende Hinweise zur Ergreifung eines NS-Täters eine Prämie von 10.000 Euro angeboten wird, will das Wiesenthal Center die Suche nach noch nicht gefassten NS-Kriegsverbrechern verstärken. Die erste Anzeige mit einem Aufruf unter dem Motto "Die Mörder sind unter uns" und der Aufforderung, sich mit nützlicher Information zu melden, wurde vergangenen Montag in der "Kronen Zeitung" geschalten. Etwas über 60 Personen haben sich daraufhin bis zur Wochen-Mitte gemeldet, so Zuroff.

Keine Zweifel

"Wenn irgendjemand einen Beweis dafür gebraucht hat, wie dringend Österreich die Verurteilung eines NS-Kriegsverbrechers braucht - hier ist er", kommentierte er den Inhalt der bisherigen Telefonate bzw. Mails. Und: wenn irgendjemand daran zweifle, dass es in Österreich Antisemitismus gebe, untermauerten die bisherigen Hotline-Erfahrungen, dass viele hier lebende Menschen kein Interesse hätten, durch ein entsprechendes Gerichtsverfahren mit diesem Teil der Geschichte konfrontiert zu werden.

Was Zuroff am meisten wundert: Viele der Leute hätten kein Problem damit, Antisemitisches von sich zu geben und dennoch ihren Namen zu hinterlassen. Gefragt nach dem Alter der Personen, die sich gemeldet haben, sagte der Nazi-Jäger, sowohl ältere Männer als auch junge Menschen und solche mittleren Alters hätten Kontakt aufgenommen.

Erzieherischen Charakter

Eines betont Zuroff, der in Sachen Nazi-Jagd in die Fußstapfen Simon Wiesenthals getreten ist: Man werde den Erfolg der Aktion nicht nur nach der dadurch erzielten Anzahl von Hinweisen beurteilen. Vielmehr habe die "Operation letzte Chance" durchaus auch erzieherischen Charakter.

Mitte Jänner werde man weitere Inserate in österreichischen Medien schalten, kündigte Zuroff an. Dann wird der Aufruf allerdings in anderen Blättern als der "Kronen Zeitung" zu lesen sein. Informationen sucht das Wiesenthal Center zu 47 konkreten Namen. Die vollständige Liste wurde im Herbst an Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) übergeben. (APA)