Und wieder ist ein Geschenk der Elben Rettung in höchster Not: Der Hobbit Frodo Beutlin (Elijah Wood) im Kampf mit der Riesenspinne in Kankras Lauer, kurz vor der Grenze zum Reich des Bösen, Mordor.

Foto: New Line Productions

Angesichts solcher Massentableaus liefen in den Computerstudios die Prozessoren heiß: Hier ein erster (fataler) Versuch, die Schlacht um Gondor vorzeitig zu entscheiden.

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Was bisher geschah ... Nein, hier soll nicht der Versuch unternommen werden, noch einmal zusammenzufassen, wie es kam, dass zwei Hobbits namens Frodo und Sam gegen jede Vernunft zum Schicksalsberg in Mordor aufbrachen. Aber wenn jetzt mit "Die Rückkehr des Königs" eines der größten Projekte der Filmgeschichte zu seinem Abschluss kommt, dann ist es ganz reizvoll, jene Argumentationslinien noch einmal aufzugreifen, die dieses Epos vonseiten der Kritik über gut zwei Jahre begleitet haben.

Hier im STANDARD war etwa im Dezember 2001 die Rede von der Logik von Bibelverfilmungen, als mit Die Gefährten der erste Teil von Peter Jacksons Tolkien-Adaption in die Kinos kam: Wie nähert man sich einem sakrosankten Stoff, von dem Generationen von Lesergemeinden ein derart festes Bild haben, dass jede noch so kleine Veränderung an Heiligtumschändung grenzen würde? Hier war und ist Jacksons Respekt vor der Vorlage hervorzuheben - ein Respekt, der trotzdem um die dramaturgischen Notwendigkeiten des Kinos weiß, im Fall von Kürzungen aber meist im Sinne des Originals agiert.

Stufe 2 der Rezension in Fortsetzungen, nun anlässlich von Die zwei Türme, Dezember 2002: "Der größte Low-Budget-Film aller Zeiten", von dem man aber noch nicht wusste, ob das Epos zum stimmigen Ende finden würde.

Nach der Werktreue trat nun bereits zunehmend die Ökonomie in den Vordergrund des Interesses - und damit auch die Computertechnologie, die heute solche Epen mit stark verringertem Aufwand an realer Ausstattung und Komparserie ermöglicht. Und wenn es schien, als müssten sich Jackson und sein Team geradezu unerhört abhetzen, um über zehn Stunden Spielfilm in knapp vier Jahren zu erzeugen, dann beschleunigte die Computerindustrie noch mehr.

Wettrennen

Das digitale Equipment "kann" mittlerweile ungleich mehr als zurzeit von Teil 1, der immerhin auch schon 500 Spezialeffekte beinhaltete. Jetzt, im Fall von Die Rückkehr des Königs sind es derer bereits über 1500, was natürlich auch mit einem erhöhten Schlachtenaufkommen zwischen Gondor und Mordor zusammenhängt. Aber: So ganz wird man das Gefühl nicht los, als wäre diese erhöhte Möglichkeit zur Bildmanipulation auch zunehmend für den Regisseur in den Mittelpunkt des Interesses gerückt.

Und mit dieser etwas veränderten Einstellung, aus der heraus Jackson auch zunehmend von Tolkiens Ikonografie abweicht, und eigenen Trash-Horror einfügt, ändern sich auch die (Kamera-)Einstellungen. In diesem Sinne bezeichnend ist etwa eine Sequenz, in der der Film nicht nur das Anbranden eines Angreiferheeres auf Gondor zeigt oder die Verteidiger der Stadt Minas Tirith. Nein. Er setzt sich förmlich auf ein Wurfgeschoß, fliegt auf ihm mit, um von oben zu zeigen, wie es ein paar Orks demoliert.

Nun sind Orks vielleicht wirklich ultraprimitive Gesellen und extrem bösartig. Nichts rechtfertigt aber diesen Shot außer ein kindlicher Stolz beim Spiel mit 3-D-Simulationen. Das ist doppelt und dreifach ärgerlich, weil sich in anderen Momenten doch wieder zeigt, dass Jackson seinen Eisenstein und auch Kurosawa gut studiert hat. Am schönsten ist Der Herr der Ringe, wenn er, expressiv wie ein Stummfilm, menschliche Gesichter und Bewegungen überhöht. Und interessanterweise funktioniert dies sogar - hier: dem Computer sei Dank - bei dem digitalen Wesen Gollum - das zweifelsohne ebenso in die Filmgeschichte eingehen wird wie viele Momente dieses Epos, das zwar manchmal vom Kitsch ein wenig angekränkelt ist, bis zum Schluss aber richtige Prioritäten setzt. Auch wenn man eben am Ende feststellt, dass sich das digitale Bild mit Zuständen wie Frieden oder Idylle eigentlich nicht verträgt. Da sitzen dann die Hobbits wieder im Auenland und wissen nicht, ob sie sich nicht wieder zurückbegeben in ein Abenteuer.

Knapp dreieinhalb Stunden sitzt man in Die Rückkehr des Königs und man hat trotz Überlänge immer das Gefühl, es sei ein hektischer, ein viel zu schnell erzählter Film. Wahrscheinlich liegt das auch daran, dass man förmlich physisch damit konfrontiert wird, wie hier die Prozessoren auch in ruhigsten Momenten heißlaufen. Gut möglich, dass wir uns daran gewöhnen (müssen). Schade eigentlich. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.12.2003)