London - Betrifft das Golfkriegssyndrom tatsächlich nur Veteranen des Golfkriegs von 1990/91? Und sind die damals in Kuwait eingesetzten Kampfmittel wie etwa Munition aus abgereichertem Uran Ursache für die Leiden?

Zwei große Studien, publiziert in der aktuellen Ausgabe des British Medical Journal, verglichen Krankheitssymptome von Veteranen des Krieges gegen den Irak in Kuwait mit jenen von anderswo stationierten Soldaten (etwa in Bosnien). Die Ergebnisse: Golfkriegsveteranen haben eine deutlich schlechtere psychische und physische Gesundheitsverfassung als andere Soldaten, weisen jedoch eine gleich hohe Krebsrate auf.

Letzteres Ergebnis - 100.000 britische Veteranen wurden untersucht, eine Hälfte war am Golf - wertet die Studie als Beweis dafür, dass Uranmunition nicht zu schweren körperlichen Leiden führt. Denn von der untersuchten Golfgruppe entwickelten 270 einen Krebs, von der Kontrollgruppe 269. Die Studie wurde vom britischen Verteidigungsministerium finanziert.

Uranmunition wird zum Durchbrechen von Panzerungen verwendet: Dabei verbrennt der Urankern und setzt Uranoxid frei: laut Experimenten in einer 40-mal höheren Konzentration, als sie der Grenzwert erlaubt - was zu Krebs führen soll. Immerhin konnten Studien 1998 und 1999 nachweisen, dass in die Luft freigesetztes Uran zu Erbgutschäden, zu Missbildungen führt - die Versuche wurden an Mäusen durchgeführt.

Anders verhält es sich mit Krankheitssymptomen, die unter das Golfkriegssyndrom fallen: Kriegsveteranen weisen dreimal häufiger unspezifische Schmerzzustände, chronische Müdigkeit, Denk-und Gedächtnisschwächen und psychische Stresssymptome auf als nicht am Golf stationierte Soldaten. Ursachen nennen die Autoren keine, regen jedoch weitere Forschung an. In welche Richtung?

In einem Begleitartikel des Journal gibt Daniel Clow von der US-University of Michigan in Ann Arbor eine vor: Golfkriegsveteranen litten doppelt so häufig an "Amyothrophischer Lateralsklerose" (Nervenerkrankung mit Muskelschwund), einer von 200 leide überhaupt an neurologischen Problemen. Laut Clow sei die Wirkung von Massenimpfungen (auch mit experimentellen Substanzen), denen sich die Soldaten zum Schutz vor biologischen und chemischen Waffen aussetzen mussten, bisher nicht untersucht worden. Und gegen die Behauptung, die in die Luft gelangten Teile der Uranmunition könnten die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden, spreche eine Studie aus 1999, die doch neurologische Effekte nachwies. (fei/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16. 12. 2003)