Angesichts des Fernsehprogramms vom Freitag musste ich wieder einmal weinen. Schon möglich, dass ich, wie man so schön sagt, zu nah am Wasser gebaut bin. Ich hege jedoch eine andere, eine nostalgische Vermutung. Egal ob zu nahe am Wasser oder nicht, gelte ich nämlich als Kind einer Generation, für die Fernsehen einmal etwas Besonderes war.

Durchaus das Fenster zur Welt. So wie - ebenfalls früher - die "Ö3-Musicbox". Etwas, auf das man sich tatsächlich freute (Kann man sich heute kaum vorstellen als normaler Mensch!) Es verführte einen in fremde Welten: sei es in die der Tiere, die Welt von Fred Feuerstein oder in ein elendes britisches Lokal namens Robin's Nest.

Montags gab es im ORF den "besonderen Film". Etwa französische Krimis mit sexy Darstellern wie Jean-Louis Trintignant oder Catherine Deneuve. Selbst die Boxerfresse von Lino Ventura oder die Knolle im Gesicht von Gérard Depardieu besaßen magnetische Wirkung. Von den vielen schwarz-weißen US-Filmen in Originalfassung mit Untertiteln ganz zu schweigen. Damals schien die Vorstellung von über 30 Programmen wie der Himmel auf Erden.

Und heute mit 30 Sendern? Hirntote Shows, Befindlichkeitstalk, Sozialporno, öffentliche Partnersuche, Familientauschnötigungen, Musiksender ohne Präsentatoren (GoTV), Musiksender ohne Musik (MTV). Mitten in diesem Elend stellt auf Sat.1 jemand die Frage: "Was guckst du?" Eine ehrliche Antwort gefällig? Gar nichts. Weinen trübt das Sehvermögen. (flu/DER STANDARD; Printausgabe, 13./14.12.2003)