Noch sind Handybenutzer dabei,

jüngste Entwicklungen wie Bildnachrichten (MMS) oder Datendienste zögerlich in Dienst zu nehmen, und die Netzbetreiber haben alle Hände voll damit zu tun, technische Anfangsschwierigkeiten - wie Roaming in fremden Netzen - in den Griff zu bekommen Inzwischen sind die Hersteller bereits einen Schritt weiter und haben Handys (und Netzen) bereits wieder neue Kunststücke beigebracht. Zwei neue Features sollen den Nutzen der Datenübertragung erweitern: "Push to Talk", um zwischen zwei oder mehreren Teilnehmern wie mittels Funkgeräten zu kommunizieren, und "Presence"-Dienste, mit deren Hilfe man künftig Bescheid wissen soll, wer gerade nicht gestört werden will oder wen man behelligen kann.

Foto: Nokia

Neue Geräte nötig

Für beide neuen Tricks - und das ist der Trick der Industrie - sind aber auch neue Endgeräte nötig; Und die Betreiber müssen ihre Netze entsprechend aufrüsten.

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Push to Talk

verwandelt das Handy in ein Walkie-Talkie. Natürlich nicht wirklich - die Kommunikation läuft weiterhin über das Mobilfunknetz -, aber der Verwendung nach: Auf Knopfdruck ist man mit einem oder mehreren Teilnehmern verbunden. Wenn die Familie im weihnachtlichen Shoppingtrubel ausschwärmt, kann sie sich ohne eine Vielzahl von Anrufen über diesen offenen Kanal simultan verständigen. Die Übertragung greift dabei auf "Voice over IP" (VoIP) zurück, bei der das Gespräch nicht über die normale Telefonleitung, sondern in Form von Datenpaketen übermittelt wird, die gleichzeitig an mehrere Empfänger versendet werden können und eine bessere Nutzung der Funkfrequenzen bringt.

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Presence-Dienste

erlauben es, ähnlich wie Chat-Systeme im Internet, den "Status" der Gesprächspartner im Telefonverzeichnis zu erkennen. Wenn man etwa in einer Besprechung ist und das Handy lautlos schaltet, wird gleichzeitig für alle Bekannten sichtbar, dass man jetzt nicht gestört werden oder nur SMS empfangen will. Das erspart unnötige Anruf bei der Mailbox. Sichtbar wird die Status-Information im Adressbuch durch kleine Symbole oder Kurztexte, etwa: "Erst wieder um 16 Uhr erreichbar."

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Nicht so schnell

Bis die neuen Möglichkeiten auch genutzt werden können, wird jedoch noch Zeit vergehen. In den USA, die im Vergleich zu Europa eine starke Walkie-Talkie-Tradition haben, setzt Motorola derzeit in seiner Werbung stark auf Push to Talk für junge Leute. Ericsson und Nokia können in Europa zwar bereits die nötige Netzwerk-Infrastruktur liefern, aber bisher gibt es noch keinen heimischen Betreiber, der offiziell damit aufwarten will. Das erste Nokia-Handy für Push to Talk, das 5140 (Bild), wird erst im zweiten Quartal 2004 auf den Markt kommen und zählt zur Klasse der "sportiven" Handys, mit Wasserschutz, gepolstertem Gehäuse und Kompass (nebst Kamera und Fitness-Coach).

Das erste Nokia-Gerät

für Presence-Dienste, das 6220 (Bild), wird zwar derzeit ausgeliefert - aber der Nutzen hängt gleichfalls von entsprechenden Betreiberangeboten ab und davon, dass eine hinreichende Anzahl von Gesprächspartnern entsprechende Endgeräte haben. Teilweise konkurriert die Push-to-Talk-Funktion mit den für Blaulichtorganisationen gedachten Tetra-Netzen, wie dem Adonis-Projekt des Innenministeriums, dessen Zukunft ungewiss ist. Diese Netze sollen unter anderem genau diese Funktion direkter Funkkommunikation von Benutzergruppen abdecken.

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Tetra-Konkurrenz

Tetra bietet dafür sichere Netze, die sowohl durch Verschlüsselung als auch Verlässlichkeit den Anforderungen von Polizei oder Feuerwehr entsprechen - in diesem Bereich wird das herkömmliche GSM-Netz mit Push to Talk keine Konkurrenz sein. Aber für die sonstigen Gruppen, von Botendiensten über Speditionen bis zu Baufirmen, über deren Mitbenutzung das Tetra-Netz mitfinanziert werden soll, kommt hier eine Alternative, da für diese Benutzer Sicherheit kein besonders wichtiges Thema ist.(Helmut Spudich/DER STANDARD, Printausgabe vom 10.12.2003)

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