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Mobilfunkkonzerne verlangen von den Regierungen Europas einen Teil der milliardenteuren Gebühren für UMTS-Lizenzen zurück und bereiten Klagen in mehreren Ländern vor. Eine erste Klage von Netzbetreibern gegen den österreichischen Staat könnte eine europaweite Prozesslawine auslösen, berichtet die "Financial Times Deutschland" (Montagsausgabe).

Sechs gegen die Republik

Alle sechs österreichischen UMTS-Handynetzbetreiber haben in der vergangenen Woche Klagen gegen die Republik Österreich eingereicht, um insgesamt 140 Mio. Euro als Vorsteuerabzug zurückzuerhalten – der WebStandard berichtete. Ihr Argument: Der Finanzminister hätte bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen im November 2000 eine Rechnung unter Angabe der Mehrwertsteuer von 20 Prozent ausstellen müssen. T-Mobile Austria, Telekom Austria , Hutchison, die Telefónica-Tochter 3G, Connect Austria und Telering klagen daher auf "Ausstellung einer Rechnung". Sollten die Firmen in Österreich erfolgreich sein, könnten sie sich auch in anderen Ländern den Vorsteuerabzug zurückholen. Allein in Deutschland würde das den Staat 7 Mrd. Euro kosten, schreibt die "Financial Times Deutschland".

Umsatzsteuerrichtlinie der EU

In Österreich berufen sich die UMTS-Anbieter auf die sechste Umsatzsteuerrichtlinie der EU. Sie besagt, dass der Staat bei Leistungen auf dem Gebiet des Fernmeldewesens eine Umsatzsteuer verrechnen muss. "Wir sind zuversichtlich, den Prozess zu gewinnen", sagte Imke Gerdes von der Wiener Rechtsanwaltskanzlei Baker & McKenzie dem Blatt. Gerdes hat mit Johannes Marenzi im Auftrag eines der internationalen Kläger die Klageschrift ausgearbeitet. "Wir gehen davon aus, dass die österreichischen Gerichte in dieser Streitfrage voraussichtlich ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof stellen werden", sagte Gerdes.

Kalgelawine erwartet

Auf Basis des Urteilsspruchs des Europäischen Gerichtshofs könnten die Anbieter auch in anderen Ländern Klagen einreichen. "Das Problem ist überall gleich. In keinem europäischen Land hat der Staat bei der Vergabe von UMTS-Lizenzen eine Umsatzsteuer verrechnet. Somit nimmt Österreich mit der Klage eine Vorreiterrolle ein", sagte Gerdes. Da die UMTS-Frequenzen in Österreich deutlich weniger kosteten, sind auch die Gerichtskosten und der Streitwert niedriger als in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden, wo ebenfalls gerichtliche Schritte der Mobilfunkkonzerne erwogen werden.

Die österreichischen UMTS-Frequenzen gingen nach Angaben des Blattes für insgesamt 832,1 Mio. Euro an die sechs klagenden Telekomfirmen. "Wir gehen davon aus, dass die Republik Österreich bei der Versteigerung eine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt und es sich somit um einen Betrieb gewerblicher Art gehandelt hat, der Umsatzsteuerpflicht auslöst", heißt es bei T-Mobile Austria. Finanzkreisen zufolge klagt die Firma mit voller Rückendeckung des Eigentümers Deutsche Telekom.(APA)