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Sündenerlass verlangt zuvor den eindringlichen Appell an das Gewissen: "Ihr seid verdorben!", dröhnt Hermes Phettberg vor versammelter Gemeinde. Ein "modernes TV-Publikum" habe er vor sich: "Alle frisch gewaschen."

Trotz nachgebauten Beichtstuhls und geflissentlich eingebauten Kirchenvokabulars ("Herr, ich bin nicht würdig.") haben Beichtgeheimnis und Frömmigkeit in Hermes Phettbergs neuer Talkshow "Beichtphater Phettberg" (Freitag, 21.15 Uhr) erwartungsgemäß nur wenig Platz. Es dominieren Ulk und die spaßhaft zu verstehende Beschimpfung des Publikums.

"Seid ihr dressiert?"

Dieses – mehrheitlich aller Wahrscheinlichkeit nach tatsächlich frisch gewaschen – weiß nicht so recht, was es mit dem zur Schau gestellten Moderatorenleid anfangen soll und lacht verlegen. Dass ihnen ihre wohlig duftende Haut einmal zum Vorwurf gemacht wird, haben sie sich auch nicht gedacht. Aber Phettberg ist gnadenlos: "Und dieses manische Applaudieren. Seid ihr dressiert?"

Fleischklößchen- oder Nudelsuppe

Die Gäste, deren Namen ihm eigentlich nicht bekannt sein dürften, habe er aus "tv-media", erzählt er. Und stellt gleich den Unterschied zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Fernsehen klar: Damit Sponsor Knorr ausgiebig bedient wird, bittet der Hausherr zur Suppe. Statt Eierlikör oder Frucade heißt es jetzt Fleischklößchen- oder Nudelsuppe. Wie das mit der nachgestellten Beichtszenerie zusammengeht, bleibt offen.

Erklingt "die Stimme des Herrn" (dahinter verbirgt sich Oliver Baier), hat der immer wieder ins Sinnieren geratende Phettberg ("Ich will einfach zu viel erzählen, ich verlier' mich.") Pause.

Selbstgespräche

"Beichtphater Phettberg" ist natürlich nur in zweiter Linie eine Talkshow, die Gespräche sind mehr Selbstgespräche, die Gäste – am Freitag werden es Willi Resetarits und Alf Poier sein – Nebenakteure. Mehr ist auch nicht notwendig, Phettberg trägt die Show allein. Ihm gelingt es sogar, die mitunter hart am Rande des Peinlichen schrammenden Regieeinfälle zwischen Publikumsfrage und abschließendem gemeinsamem Suppefassen einen Funken von Inspiriertheit zu verleihen.

"Ist die Show schlecht? Warum schaut ihr so traurig?", fragt Phettberg irgendwann. Die Antwort, die er selbst gibt, ist in dem Umfeld tragikomisch und wahr, wie er selbst: "Weil ihr sterben werdet." (Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe vom 19.11.2003)