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Wien - Keine Frage: Gabriele Döltsch ist eine begeisterte Wicklerin. Dass ihr 14 Monate alter Benito sein Popscherl in der feucht gewiescherlten Windel hat, kommt nicht in Frage. Doch trotz ihrer erhöhten Wickelfrequenz verwendet Frau Döltsch keine Wegwerfwindeln - doch mehr Arbeit halst sie sich dabei nicht auf. Das Waschen überlässt sie den Profis.

Seit diesem Jahr wird in Wien der "Windeldienst" angeboten. Wie das funktioniert ist schnell von Frau Döltsch erklärt: "Ich sammle die gebrauchten Windeln im Plastikkübel. Montag und Donnerstag stelle ich ihn vor die Türe, ein Heinzelmännchen holt die Windeln ab und lässt frische zurück."

Das Heinzelmännchen heißt übrigens Florian Cerny und fährt in Wien derzeit 17 Familien für die Umweltberatung und den Mehrweg-Windelspezialisten Popolino an.

Ihm oder in der Zentrale kann Frau Döltsch mitteilen, ob sie Pause bei der Belieferung will - etwa in der Urlaubszeit. Sie könnte auch mehr Windeln bestellen. "Das Paket ist aber absolut ausreichend, sogar bei Durchfall"; beteuert die Viel-Wicklerin.

Startpaket

Im Startpaket enthalten sind 25 Stück Windeln, 100 Vlieseinlagen (pro Monat) sowie zwei Überhosen. Neuerdings ist auch der verschließbare Plastikkübel gratis dabei - "wenn der zu ist, riecht man überhaupt nichts im Badezimmer." Für das alles zahlt man pauschal 44 Euro pro Monat.

Als Faustregel gilt: "Mit diesen Mehrwegwindeln muss man ungefähr zweimal öfter wickeln", weiß Bernadette Pokorny von der Umweltberatung aus eigener und umweltberatender Erfahrung. Ganz so trocken wie die bekannteste und beliebteste Wegwerfwindel sei dieses System nicht. Verglichen mit der Plastikkonkurrenz ist nur ein Griff mehr zu tun: "Die Windel aus der Überhose raus nehmen und die neue wieder hinein stecken", demonstriert Döltsch.

Hat "Heinzelmännchen" Cerny seine Familien abgeklappert, fährt er mit seinen in jeder Hinsicht vollen Windelsackerln weiter in Richtung Flötzersteig zur Zentralwäscherei des Krankenanstaltenverbundes. In den Hallen voller Krankenhauswäsche und riesigen Waschmaschinen nehmen sich die paar Windeln aus, wie ein paar Brösel auf des Zyklopen Mittagstisch.

Trotzdem werden sie hier genauso hygienisch gewaschen, wie die Spitalwäsche. Aber getrennt behandelt. "Wir geben nur ein paar Steppdecken dazu, damit wir genug mechanische Reibung haben", erläutert Wäscherei-Leiter Johann Leidenix.

Keine Duftstoffe

Nicht nur gewaschen, auch thermisch desinfiziert wird in den Großgeräten. Wichtig für Allergiker: "Wir machen die Wäsche einfach frisch, ohne Duftstoffe", versichert Leidenix. Auch wenn es hygienisch unbegründet ist: Zur psychologischen Beruhigung können Familien auch immer die selben, markierten Windeln bekommen, sofern sie fünf Euro draufzahlen.

Nicht nur dass mit dem Windeldienst der Mistberg reduziert werden kann: Das ökologische Gewissen wird hier noch einmal beruhigt: "Da wir auch Abwärme nutzen, ist unser Energieverbrauch beim Waschen um 40 Prozent geringer als in einem Haushalt", hat Leidenix erheben lassen. (Roman Freihsl, Der STANDARD, Printausgabe, 18.11.2003)