Wien - Im Streit zwischen Regierung und Gewerkschaft um die Reform der ÖBB verschärft die Gewerkschaft mit der Ankündigung des Warnstreiks den Ton. Gewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl droht bereits mit einer Ausdehnung der Proteste. Informierten Kreisen zufolge denkt die Gewerkschaft über einen ganztägigen Streik am 11. November nach, dem Tag - an dem die Reform im Ministerrat beschlossen werden sollen.

"Die Eisenbahnergewerkschaft ist bereit diesen Konflikt auszutragen. Die Zeit der schriftlichen Protestnoten ist vorbei. Viele andere Möglichkeiten als eine Streikausweitung sehen wir nicht mehr, sagte Haberzettl am Freitag im Gespräch mit der APA.

20.000 Eisenbahner vor dem Bundeskanzleramt

Einen ganztägigen Streik am 11. November bezeichnet Haberzettl als "durchaus möglich". Denkbar sei auch, "dass 20.000 Eisenbahner vor dem Bundeskanzleramt demonstrieren" oder die Gewerkschaft andere Proteste organisiere. In weiterer Folge schloss Haberzettl auch einen unbefristeten Streik nicht aus.

Vom Gespräch mit Verkehrsminister und Vizekanzler Hubert Gorbach (F) erhofft sich Haberzettl eine "notwendige politische Entscheidung". In den vergangenen Runden habe die Regierung zwar ihre Gesprächsbereitschaft betont, tatsächlich habe sich aber "nichts geändert".

"Gorbach soll jetzt klar darlegen, ob sich etwas ändert, oder ob er die Reformpläne nicht zurückzieht", so Haberzettl. Und er attackiert den Minister: "Ich habe die Interessen von 47.000 Eisenbahnern und deren Familien zu vertreten. Das sind wahrscheinlich mehr Leute, als den Vizekanzler gewählt haben."

Belegschaft geschlossen hinter Protesten

Der oberste Eisenbahngewerkschafter glaubt, dass die Belegschaft geschlossen hinter den Protesten steht. "Die Streikbereitschaft ist ungeheuer hoch", meint der Gewerkschafter. Die Meinung der Unternehmensführung, dass eine beträchtliche Zahl der Eisenbahner die Streiks ablehne, teilt Haberzettl nicht: "An dem Vorstand ist in den letzten Monaten viel vorbeigegangen, auch die Stimmung unter den Mitarbeitern", meint er.

Auch bei den Fahrgästen ortet die Gewerkschaft im Gegensatz zur Regierung Verständnis für den Warnstreik. In einer von der GdE in Auftrag gegebenen Umfrage hätten sich 60 Prozent gegen eine Zerschlagung der ÖBB und zwei Drittel gegen den Eingriff in Dienstverträge ausgesprochen. Außerdem wolle man mit dem Warnstreik im Interesse der Pendler verhindern, "dass es in ein paar Jahren überhaupt keine ÖBB mehr gibt", meint Haberzettl. (APA)