Wien - Die Grünen halten sich bei der Beurteilung des jüngsten Schlagabtauschs zwischen Bundespräsident Thomas Klestil und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zurück. Auf Anfrage der APA erklärte Budgetsprecher Werner Kogler lediglich, "die bemühen sich anständig, den Ruf Österreichs als Operettenrepublik zu festigen". Inhaltlich wollten sich die Grünen zur Auseinandersetzung nicht näher äußern.

Zuletzt hatte ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer seine Kritik an Klestil bekräftigt. Es sei eben auch wichtig, dass "Funktionsträger im Staat die Aufgabe haben, unangenehme Wahrheiten zu sagen. Falsch ist es, wenn wir meinen, mit Besitzständen der Vergangenheit die Zukunft gewinnen zu wollen".

Klestil hatte vor zwei Wochen bei der Eröffnung des ÖGB-Kongresses Kritik an der Regierung geübt. Das Staatsoberhaupt würdigte die Gewerkschaftsbewegung und kritisierte, dass "über die Köpfe der Arbeitnehmer hinweg" keine nachhaltig Entwicklung zum Wohl des Landes stattfinden könne. Molterer hatte einige Tage später erklärt, es "kann nicht die Aufgabe des Bundespräsidenten sein, falsche Signale zu schicken". Am Nationalfeiertag vor zwei Tagen gingen die Sticheleien zwischen Klestil und Schüssel weiter. Der Kanzler meinte, es "tut weh, wenn sich jemand wie der Bundespräsident gnadenlos auf die Seite der Besitzstandswahrer stellt".

SPÖ verteidigt Bundespräsidenten

Der geschäftsführende SP-Klubobmann Josef Cap kritisiert die "Kampagne der ÖVP gegen den Bundespräsidenten". Offenbar solle Thomas Klestil ein "Maulkorb" umgebunden werden. Die Volkspartei wolle sichtlich "eine Staatsnotarin oder einen Staatsnotar" in diesem Amt, die oder der lediglich unterschreibe was von der Regierung komme und ab und zu ein lobendes Wort finde, meinte Cap bei einer Pressekonferenz am Montag.

Die ÖVP könne sich offenbar nicht damit abfinden, dass der Bundespräsident seine Aufgabe wahrnehme und auch für die Regierung "unangenehme Wahrheiten" ausspreche, kritisierte Cap. Zudem wolle die ÖVP dem Bundespräsidenten nun wieder jene Kompetenzen nehmen, die auf Drängen der Christlich Sozialen in die Verfassungsnovelle von 1929 aufgenommen wurden. - Für Cap ein "Entmündigugnsvorgang" und ein Zeichen für den "absolutistischen Zugang zur Politik" seitens der ÖVP. (APA)