Graz - Die Sache geht schon seit den Grazer Bürgermeister-Verhandlungen vor einem halben Jahr: In regelmäßigen Abständen kommt das Thema "drohender Bankrott der steirischen Landeshauptstadt" aufs Tapet. Unbestritten unter den Rathausparteien ist, dass sich die Stadt Graz mit dem enormen Ausgaben für das Kulturhauptstadtprojekt "Graz 2003" budgetär verausgabt hat. Nun ist in der Stadtregierung zwischen SPÖ und ÖVP ein veritabler Streit um die leere Stadtkasse entbrannt. Die SPÖ fordert eine Sondersitzung der Stadtregierung. Auch Forderungen nach Neuwahlen werden laut.

Die SPÖ verlangt von ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl, er möge bei Bund und Land endlich versprochene Gelder zur Sanierung des Budgets eintreiben. Ansonsten gehe die Stadt pleite, warnt auch SPÖ-Finanzstadtrat Wolfgang Riedler. Am Montag konterte Nagl ungewöhnlich scharf: "Wenn die SPÖ nach sieben Monaten Ressortzuweisung außer Jammerei keinen einzigen konstruktiven Vorschlag zur Lösung der Finanzprobleme auf den Tisch legen kann, ist sie offenbar mit der Aufgabe überfordert." Es sei "fahrlässig und dumm", wenn eine Partei zuerst Kulturhauptstadt-Projekte beschließe und dann eine "Wir-sind-pleite-Rufschädigung" betreibe.

Die SPÖ-Spitze trat postwendend geschlossen noch am Nachmittag an die Öffentlichkeit und bekräftigte, der Schuldenstand in der Höhe von 700 Millionen Euro übersteige bereits die Vermögenswerte der Stadt. Klubchef Karl Heinz Herper im STANDARD-Gespräch: "Neuwahlen sind nicht ausgeschlossen." (mue/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.10.2003)