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Die "Geistheilerin" darf weiterhin ihrer Tätigkeit nachgehen

Foto: Archiv
Linz – Als "Vermittlung von heilenden und harmonisierenden Energien auf geistigem Weg" beschreiben Insider die so genannte Geistheilung. Bei den Ärzten hält sich der positive Energiefluss angesichts boomender Alternativmethoden jedoch in Grenzen. Umso erstaunlicher ist daher ein jetzt vom Obersten Gerichtshof (OGH) gefälltes Urteil, das einer oberösterreichischen Geist- und Naturheilerin Recht gab und damit eine Klage der oberösterreichischen Ärztekammer abwies.

"Aurainterpretationen"

Die von übermäßiger Spiritualität beseelte Esoterikerin aus dem Land ob der Enns bot in ihrem Institut für Geist- und Naturheilung unter anderem "Aurainterpretationen" mittels Pendel und einer Messung der Körperenergie an. Auch "blaue und gelbe Engel, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der eigenen Energiebalance stehen", waren Teil der Sitzungen im Institut.

Das Pendel schlug aber bis zur Ärztekammer aus. Dort ortete man einen klaren Gesetzbruch und schleuste zwei neue "Auren" in Form von Detektiven ein. Da die Geistheilerin in ihrer Praxis unter anderem – rezeptfreie – Ginkotropfen anbot, schien das Ergebnis eindeutig: Aus Sicht der Ärztekammer führte die Frau Tätigkeiten durch, "die ausgebildeten Medizinern vorbehalten sind". Außerdem würden "Aurainterpretationen" auf der mit der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vereinbarten Liste für verbotene Therapien stehen.

Obwohl die Geisterheilerin in ihren Sitzungen immer ausdrücklich darauf hinwies, dass im Rahmen der "Auradeutungen" keinerlei Diagnose oder Behandlung erfolge, die ärztliche Kenntnisse voraussetzen würde, klagte die Ärztekammer.

"Religiöse Handlung"

Die Geistheilerin ließ in diesem Fall ihr Pendel unangetastet und setzte zu einem irdischen "Gegenangriff" an. Mit dem Linzer Rechtsanwalt Peter Burgstaller nahm sie den Rechtsweg durch alle Instanzen – und bekam nun vom OGH Recht. Die Tätigkeiten der Frau würden auf keinen "medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen" beruhen. Es würden darüber hinaus auch keine Diagnosen im medizinischen Sinn gestellt werden, sondern es handle sich eher um eine "religiöse Handlung", heißt es im OGH-Erkenntnis. Die Angeklagte habe nie den "Anschein erweckt", dass ein Arztbesuch entbehrlich sei.

"Bisher war es unklar, ob man solche Alternativbehandlungen durchführen darf, jetzt hingegen ist klargestellt, dass es sich bei solchen Tätigkeiten um nichts Verbotenes handelt", freut sich Burgstaller über die OHG-Entscheidung. Bei der Ärztekammer steht man dem übersinnlichem Präzedenzfall gelassen gegenüber: Der Unterschied liege hier in den "religiösen und nicht medizinischen" Handlungen", Kurpfuscherei ist und bleibe strafbar.(Markus Rohrhofer, Der Standard, Printausgabe, 28.10.2003)