Beate Hennenberg

Wien - Der spazierende Mr. Emmet (perfekt besetzt mit Rupert Bergmann), als wohlhabender Bürger und erfolgreicher Geschäftsmann ein Mr. Normalo aus unserer Mitte, durchläuft in Peter Maxwell Davies "Dramatischer Sonate" (das Libretto stammt vom neuen Chef der Bregenzer Festspiele, dem Regisseur David Pountney) eine traumähnliche Abfolge von Szenen.

In Begegnungen mit Ingrid Habermann (KA) und John Sweeney (Mr. Todd) nimmt der Begriff "Musik" eine immer größere Bedeutung an, bis wir uns plötzlich in Mr. Emmets Kopf befinden, mit all den Gefühlen und Sehnsüchten seines unterdrückten Innenlebens.

Suggestive Klangmassierungen (die Partitur setzt sich aus Schumannschen und Bachschen Fragmenten zusammen), expressionistische Farben und eine mikrostrukturelle Rhetorik drängen unseren unwissenden Antihelden aus der Kammeroper Mr. Emmet takes a walk (nach Meining des Komponisten womöglich seine letzte Oper) geradezu dahin, sich in weiterer Folge auf die Bahngleise zu werfen. So weit der erste Teil der Saisoneröffnung der Wiener Kammeroper; aber thematisch geht es ähnlich weiter.

Um psychische Gefährdung von Menschen, die einer inneren Einsamkeit ausgesetzt sind, darum geht es auch in der Kammeroper Zora D. - geschrieben von der serbischen Komponistin Isidora Zebeljans (eine Koproduktion mit dem Opera Studio Nederland). Der Dirigent Daniel Hoyem-Cavazza leitete solide die österreichische Erstaufführung beider Werke.

Die Verschollene

Zora D.: Dünne, zarte Pappelblätter, verbrannte Briefe und Bücher, eine auf mysteriöse Weise verschollene Autorin aus dem Belgrad der 1930er-Jahre, von einer Bibliothekarin wiederentdeckt: Zebeljan präsentiert als Librettistin und Komponistin eine atmosphärisch dichte Untersuchung eines emotionalen Vermächtnisses.

Aile Asszonyi und Martijn Sanders als Jovan hauchen dem surrealen Werk Leben ein, unterstützt von David Haneke (Videos) und Robert Innes Hopkins (Ausstattung). Morbidität ohne Düsternis, eher humorvoll-verständnisvoll dargebracht, das mag man hierzulande.
Kammeroper, Fleischmarkt 24,
Infos: (01) 512 01 00-77; weite-
re Vorstellungen: 28., 30. Okto-
ber; 4., 6., 11., 13., 15., 18., 20.,
22. November.

www.kammeroper.at