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Vodka wird zu jeder Gelegenheit konsumiert

Foto: APA/ Victor Drachev

Straßburg - Die Drogenszene in den EU-Beitritts- und -Kandidatenländern: Dumpf bis grell - und höchst gefährlich. Mit dem "üblichen" EU-Drogenbericht der "Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht" (EMCDDA/Lissabon) wurde am Mittwoch in Straßburg auch ein Report über die Situation vor allem in Osteuropa publiziert.

Alkohol bleibt das größte Problem

Der Alkohol ist und bleibt das größte Problem. In Sachen öffentlicher Gesundheit muss man ihn im Kontext von sich verändernden Alkoholkonsum-Mustern sehen. Alkohol hat immer einen speziellen Einfluss auf die Gesundheit in der Region gehabt", schreiben die Experten in dem Report, der besonders auf Tschechien, Zypern, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei und Slowenien Bezug nimmt.

Lokale Drogenproduktion

Bereits in den siebziger Jahren zeigte sich beispielsweise in Polen der Konsum von "Kompot", einem lokalen "Heroin". In Tschechien gab es ebenfalls eine lokale Produktion von Opiaten ("Braun"). In Ungarn verbreitete sich Mohnkapseltee. Die Verwendung von Codein-Derivaten nahm in Tschechien und Ungarn zu." Gleichzeitig breitete sich in den frühen neunziger Jahren zunächst die "Kultur" lokaler Mohn-Zubereitungen in den baltischen Staaten und in Bulgarien aus.

Schnüffeln von Lösungsmitteln

"Das Schnüffeln von Lösungsmitteln war häufig unter ausgegrenzten Jugendlichen, Straßen- und Roma-Kindern" in Bulgarien, Rumänien, Tschechien und der Slowakei (...)."

Heroin und "Party-Drogen"

Importiertes Heroin verbreitete sich ebenfalls ab den frühen neunziger Jahren. Dann setzte laut den Experten der europäischen Suchtgift-Beobachtungsstelle ein neuer Trend ein: "So gab es in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre bei gleich bleibendem Suchtgiftkonsum-Muster der vorangegangenen Periode Hinweise auf eine Entwicklung zu einem mehr 'westlichen' Drogenkonsum, besonders bei Cannabis (...) und beim Konsum von so genannten 'Party-Drogen' (Ecstasy und LSD) - besonders bei den Wohlhabenden und der Jugend in den Städten. Kokain-Gebrauch war noch relativ selten."

Vier Gruppen von Drogengefährdeten

Die Experten der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht" (EMCDDA) identifizierten für ihren Report 2003 für die EU-Beitrittsländer vor allem vier Gruppen von Drogengefährdeten:

  • Junge Menschen in wirtschaftlich darniederliegenden Regionen, sozial Ausgegrenzte und Menschen ohne Zukunftsperspektive. Sie werden besonders häufig Opfer von problematischem Drogenkonsum (Heroin, Injektion von Drogen, regelmäßiger Kokain- und Amphetamin-Gebrauch).

  • Kinder aus zerbrochenen oder durch Alkoholmissbruch bzw. -Abhängigkeit belasteten Familien.

  • Jugendliche, auch sozial Integrierte, die häufig verschiedene Drogen wie Alkohol, Cannabis, Amphetamine oder Ecstasy als Freizeitdrogen verwenden.

  • Erfolgreiche Unternehmer und deren Kinder mit Zugang zu Geld und westlichem Luxus (inklusive Heroin oder Kokain). Ihre Lebenswelt wird oft von falsch verstandenen Vorstellung über den "Westen" dominiert, sie stehen gleichzeitig unter Stress und reisen viel.

    Wenig Betreuungsplätze

    Was die Situation vor allem für die Opiatabhängigen in den EU-Beitrittsländern verschärft, ist der Rückstand, den diese im Vergleich zu den westlichen Industriestaaten bei den Betreuungsmöglichkeiten aufzuholen haben: In den "alten" EU-Staaten waren im Jahr 2001 rund 35 Prozent der Opiat-Abhängigen in Substitutionstherapie (Methadon etc.). In Slowenien betrug der Prozentsatz 20 Prozent. In allen anderen Staaten lag er bei unter fünf Prozent.

    HIV Erkrankungen

    Das wirkte sich zum Teil dramatisch auf die durch i.v.-Drogenkonsum (vor allem Injizieren von Opiaten, Nadeltausch) hervorgerufenen Infektionskrankheiten wie Aids und Virus-Hepatitis (Hepatitis B, Hepatitis C) unter den Süchtigen aus. In Estland waren im Jahr 2001 bereits 13 Prozent aller Drogen-injizierenden HIV-positiv (in Tallin sogar 41 Prozent), in Lettland zwölf Prozent und in Polen über fünf Prozent. In den baltischen Staaten und in Bulgarien sind 70, 80 - wenn nicht sogar mehr - Prozent der i.v.-Drogenkonsumenten mit Hepatitis C infiziert.

    Osteuropa liegt noch hinter Eu- Drogenverbrauch

    Im Durchschnitt allerdings liegen die osteuropäischen Jugendlichen noch hinter den Konsumraten bei illegalen Drogen, die in den westlichen Ländern beobachtet werden. Da schlägt weiterhin der Alkohol alle anderen Suchtgifte. (APA)