Wien - Im Herbst 2000 hatte der Regisseur Karl Welunschek angekündigt, er würde den Rabenhof ohne Mittel der Stadt, bloß mit einer Unterstützung des Bezirks Erdberg (rund 145.350 Euro) führen. Diese Behauptung war notwendig, denn der damalige Kulturstadtrat Peter Marboe (VP) hatte Subventionen für die Bühne, die bis dahin vom Theater in der Josefstadt bespielt wurde, ausgeschlossen.

Wie er dieses Kunststück zuwege bringen könne, fragten sich damals viele. Denn an die Josefstadt war eine Ablöse von 174.414 Euro in vier Raten zu bezahlen. Aber Welunschek konnte sich der Unterstützung von SP-Kultursprecher Ernst Woller, einem Erdberger, sicher sein. Er wagte das Unmögliche - in der Hoffnung auf rosige Zeiten nach der Gemeinderatswahl im Februar 2001: Es werde eine ordentliche Subvention geben, hatte Woller versprochen.

Andreas Mailath-Pokorny, der neue Kulturstadtrat (SP), hatte daher kaum eine Wahl. Der Rabenhof erhielt 2001 rund 777.600 Euro an Subventionen (und einen Baukostenzuschuss von 142.600 Euro), 2002 sogar 896.727 Euro. Das Geld langte trotzdem nicht.

Warum, das ist in einem Bericht des Wiener Kontrollamts nachzulesen, der am Montag zugestellt wurde: Welunschek maß der ordentlichen Geschäftsführung keinerlei Bedeutung bei. Rechnungen wie Mahnbriefe landeten in einem Karton, Aufzeichnungen über Kartenerlöse wurden nicht geführt, für das Buffet gab es keine Konzession, die fälligen Raten an die Josefstadt wurden "offensichtlich verdrängt". Einen sparsamen Umgang mit den Mitteln konnten die Prüfer nicht feststellen, der Verein schlitterte alsbald ins finanzielle Fiasko. Zudem blieb der künstlerische Erfolg ohne Auswirkungen: Erlaubent Schas wurde statt zwölf- nur viermal gespielt, Russland Salon statt 18- nur fünfmal - und "dies vor zumeist nur 20 bis 30 zahlenden Zuschauern".

Im Herbst 2001 wurde die Leitung neu ausgeschrieben. Die vierköpfige Jury reihte Welunschek an die erste Stelle. Dieser gehörte Mailaths Mitarbeiter Thomas Stöphl an - und Wilhelm Marhold, der Vorstand des Vereins. Marhold hatte Vorbehalte gegen die Wiederbestellung: Im Verein wurde überlegt, ob man nicht lieber das zweitgereihte Team nehmen sollte. Mailath wählte dennoch Welunschek.

Als Geschäftsführer mit "gut dotiertem" Vertrag fungierte ab nun Gernot Lechner. Die Buchhaltung klappte gut, doch intern herrschte weiterhin Chaos. Im Frühjahr 2003 zog Mailath die Notbremse: keine Entschuldung mehr. Der Betrieb wurde eingestellt. Gegenwärtig wird der Verein, der heuer 581.383 Euro erhielt, liquidiert. Eine GmbH-Konstruktion soll folgen. (DER STANDARD; Printausgabe, 22.10.2003)