Budapest - Nicht weniger als drei Minister waren dabei, als am Montag Erste Bank-Generaldirektor Andreas Treichl den Vertrag zum Kauf der ungarischen Postabank unterschrieb. Ungarns Regierung war durch den Finanzminister und den Außenminister vertreten, die den österreichischen Finanzminister dazu geladen hatten. Knapp 400 Mio. Euro erlöst Ungarn für die letzte große Staatsbank, das ist die Hälfte der für 2003 erwarteten gesamten Privatisierungserlöse in diesem Land. So viel auf einen Schlag hat Ungarn in den letzten fünf Jahren bei keiner einzigen Privatisierung eingenommen.

"Win-Win-Situation"

Ungarns Finanzminister Csaba Laszlo sprach heute ebenso wie sein österreichischer Ressortkollege Karl-Heinz Grasser von einer "Win-Win-Situation" für alle, auch für die Kunden im ungarischen Bankgeschäft. Er stellte die Erste Bank in eine Reihe mit anderen internationalen Investitionsmultis: "Man sagt, was gut ist für General Motors, ist gut für Amerika." Und er meine, "was gut ist für die Erste Bank, ist gut für Ungarn".

Für Grasser, der auf ungarische Einladung der Zeremonie beiwohnte, "ist die Erste Bank der beste Partner, den die Postabank bekommen konnte". Bisher hätten österreichische Unternehmen rund 3 Mrd. Euro in Ungarn investiert, sagte Grasser. Und er gratulierte seinem ungarischen Amtskollegen ausdrücklich dazu, dass er für die Bank nun so viel Geld bekomme.

Neue Ära

Wie berichtet ist der Kauf der Postabank für die Erste Bank relativ gesehen der bisher mit Abstand teuerste Bankenkauf in Osteuropa. Ungarns Finanzminister Laszlo räumte vor Journalisten ein, dass nicht nur Zentral/Osteuropa (CEE), sondern weltweit bisher kein vergleichbar attraktiver Preis für ein Kreditinstitut bezahlt worden sei. Laszlo sprach von einem "historischen Augenblick", der für die Postabank eine neue Ära einleite. Die Privatisierungsagentur APV spricht sogar von "einer Wiedergeburt". Für das Staatssäckel heißt dieser Zufluss unter anderem, dass die anstehenden Finanzierungsvorhaben etwa im Hochleistungsstraßenbau beschleunigt werden können. Details über die Verwendung des Privatisierungserlöses gebe es nächste Woche.

Erste Bank-Generaldirektor Teichl sprach von einem "substanziellen Investment" seines Hauses in Ungarn und einer der wenigen Möglichkeiten einer Bank, gleich zwei Finanzminister glücklich zu machen. Dass bei der Vertragszeremonie der österreichische und der ungarische Finanzminister sowie Ungarns Außenminister teilnahmen, wertete Treichl am Vorabend des ungarischen EU-Beitritts 2004 als Zeichen, dass "dies mehr ist als eine Banken-Transaktion".

Acht Banken gekauft

Die Erste Bank habe in den letzten drei Jahren acht Banken in Zentral/Osteuropa gekauft. Ungarn, wo die Erste Bank seit langem auf eine Erweiterung ihres Marktanteils gesetzt hatte, war als "Erfolgsstory in Europa" eine extrem wichtige Akquisition.

Mit der heutigen Vertragsunterzeichnung wurde auch eine Anzahlung von 9,93 Mrd. Forint (rund 38 Mio. Euro) getätigt. Der Rest auf den Kaufpreis von insgesamt 101,3 Mrd. Forint (394,1 Mio. Euro) wird beim Closing im Dezember mit der Aktienübertragung freigegeben. Noch heuer ist ein Angebot für den Mini-Streubesitz (0,03 Prozent) angekündigt.

Das erste Jahr nach der Postabank-Privatisierung (2004) wird als Restrukturierungsjahr angesehen, in dem die Postabank keinen positiven Ergebnisbeitrag liefern werde. Bereits 2005 werde sich die Akquisition neutral auf das Konzernergebnis der Erste Bank auswirken.

Ein Viertel der Stellen fällt weg

Bis Ende 2004 will die Erste Bank ihre Neuerwerbung Postabank (1.600 Mitarbeiter) und ihre bestehende Ungarn-Tochter (1.166 Beschäftigte) fusionieren. Zusammen mit anderen Finanztöchtern arbeiten in Ungarn dann vorerst 3.200 Mitarbeiter für die Erste-Gruppe. Dabei wird in den nächsten zwei Jahren kräftig der Sparstift angesetzt: Treichl will in den Jahren 2004 und 2005 etwa ein Viertel dieser Stellen streichen. Ebenso um rund 25 Prozent reduziert werden soll die Zahl der Filialen, wo die Postabank und Erste Bank Hungary jetzt zusammen auf rund 200 kommen. Fest steht mittlerweile auch, dass die Erste Bank das Vertriebsnetz der ungarischen Post, also die 3.200 Postämter im Lande nutzen wird, hier bleibt der bisherige Vertrag aufrecht.

Ziel für die fusionierte Bank ist für 2005 eine Eigenkapitalverzinsung (RoE) von 15 Prozent, 2006 sollen es knapp 30 Prozent sein.

Die Postabank war im Jahr 1997 noch die drittgrößte Ungarns gewesen, jetzt liegt sie auf Platz sieben. Vor sechs Jahren hatten ein Management-Skandal und ein Run auf die Einlagen fast zum Kollaps der Bank geführt. Im Jahr 2002 kam die Postabank auf 1,7 Mrd. Euro Bilanzsumme, der Verlust betrug rund 7 Mio. Euro. Mit fast 1.600 Mitarbeitern betreut das Institut rund 480.000 Kunden in 113 Filialen. (APA)