Berlin - Der Forschungsdirektor für Sozialpolitik des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, Gert Wagner, ist mit den Eckpunkten der deutschen Regierung zur Rentenreform "nicht unzufrieden".

Es seien "richtige Schritte unternommen" worden, etwa die volle Übernahme des Pflegeversicherungsbeitrags durch die Rentner. "Einen Solidarbeitrag der Älteren haben wir in der Rürup-Kommission erst ab 2010 vorgeschlagen und waren damit sozusagen feiger als die Regierung", meint Wagner, der Mitglied der Kommission zur Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme - die "Rürup-Kommission" - war, zum STANDARD.

Derzeit übernimmt den Arbeitgeberanteil der Rentner die Rentenversicherung. Zusammen mit der Ankündigung, dass 2004 die Rentenerhöhung ausgesetzt wird, "ist das faktisch eine Kürzung der Alterseinkommen", so der Professor für Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Berlin.

Enttäuscht ist der Rentenexperte indes darüber, dass die deutsche Regierung sich nicht dazu durchrang, ein Gesetz zur schrittweisen Erhöhung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre auf den Weg zu bringen. "Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass man unvermeidliche Anpassungen gleich verkauft. Wenn man das jetzt ankündigt, dann kann sich jeder auch gleich besser darauf einstellen."

Eine Anhebung des Rentenalters bringt "kurzfristig nichts, da hat der Kanzler ja Recht", langfristig aber sehr wohl, so Wagner. Deshalb habe die Rürup-Kommission vorgeschlagen, das Renteneintrittsalter schrittweise ab 2011 in Monatsschritten anzuheben, womit 2035 dann das Renteneintrittsalter bei 67 Jahren läge. Dass die Rentenbeiträge weiterhin stabil bei 19,5 Prozent bleiben sollen, sei "konjunkturpolitisch zu begrüßen". (afs, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 20.10.2003)