Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder musste am Sonntag gleich zwei Probleme lösen: wie das Loch in der Rentenversicherung von acht Milliarden Euro gestopft und wie der Streit zwischen seinen Ministern Hans Eichel und Ulla Schmidt geschlichtet werden kann.

Nach mehr als fünfstündigen Beratungen mit den Kabinettsmitgliedern verkündete Schröder zuerst die guten Nachrichten: Der Beitragssatz zur Rentenversicherung bleibt auch nächstes Jahr bei 19,5 Prozent.

Dann kam er zu den schlechten Nachrichten, die insbesondere die Pensionisten hart trifft. Kommendes Jahr könne es keine Rentenerhöhung geben, kündigte Schröder an. Zudem müssten die Rentner ab April 2004 ihren Beitrag zur Pflegeversicherung alleine ohne Beteiligung der Rentenversicherer aufbringen. Neupensionisten sollen ihre Bezüge am Monatsende statt wie bisher am Anfang erhalten. Zu dieser Maßnahme muss allerdings noch der von der Union dominierte Bundesrat seine Zustimmung geben.

Nachhaltigkeitsfaktor

Außerdem wird ein so genannter Nachhaltigkeitsfaktor ab 2005 eingeführt. Die Rentenentwicklung wird damit gedämpft. Ob die Pensionisten 2005 dann eine Erhöhung ihrer Altersbezüge erhalten, wird "nur nach Maßgabe des neuen Nachhaltigkeitsfaktors entschieden", so Schröder. "Die Rentner müssen sich darauf einstellen, dass es Zuwächse wie in den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr gibt." Schröder erklärte weiters, dass der Trend zur Frühverrentung gestoppt werden müsse. Wie dies geschehen soll, ließ er offen.

Keine Entscheidung gab es dazu, ob das Rentenalter von 65 auf 67 Jahre angehoben wird. "Eine abschließende Entscheidung ist vor dem Jahr 2010 nicht notwendig. Danach kann das notwendig werden. Die heutigen Prognosen deuten darauf hin", so Schröder.

Im Streit mit Finanzminister Hans Eichel setzte sich Sozialministerin Ulla Schmidt durch: Der staatliche Zuschuss zur Rentenversicherung wird nur um eine Milliarde Euro gekürzt, nicht um zwei, wie von Eichel gefordert. Schröder musste den Finanzminister, der zuvor mit Rücktritt gedroht hatte, erst in einem Vier-Augen-Gespräch davon überzeugen, dies zu akzeptieren und im Amt zu bleiben. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 20.10.2003)