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Bedarf an feinem Kino abseits der Blockbusterei der Megaplexe bestehe nicht nur - er nehme auch ständig zu

Foto: APA/ Bernd Settnik
Während die Blockbustercenter unter Publikumsschwund leiden, steht das Topkino knapp vor der Wiedereröffnung: Klein und fein sollen Haus und Programm werden - auch wenn Wiens Kulturpolitik sich nicht dafür interessiert.

Wien - Andere würden vielleicht Gastritis bekommen. Aber Johann Wegenstein hat mit dieser seltsamen Gefühlsmischung schon Erfahrung: "Optimistisch mit Bauchweh" umreißt der Kino- und Barbetreiber seinen derzeitigen Gemüts- und Befindlichkeitszustand während er durch seine aktuelle Baustelle wandert. "Aber als wir das Schikaneder Kino übernommen haben, war das nicht anders."

Und daran, dass das, was er mit seinem Kompagnon Markus Alzinger 1996 in der Margaretenstraßee schon einmal geschafft hat, nun - ab November - in der Rahlgasse nicht funktionieren könnte, glaubt Wegenstein nicht: Vor sieben Jahren erstanden die beiden das quasi-tote Schikaneder Kino, peppelten es mit viel Liebe und Fingerspitzengefühl zu einem feinen Programmkino auf und eröffnete 1998 daneben die - mittlerweile zur Szeninstitution avancierte - Bar.

Wiedereröffnung

Nun soll sich das Szenario wiederholen - in (etwas) größerem Rahmen: Wegenstein und Alzinger werden am 6. November das Topkino in der Rahlgasse wieder eröffnen. Das Traditionskino mit drei Sälen war im Dezember 2001- in Folge des Konkurses der Citycinemakette - zugesperrt worden.

"Das Topkino hatte immer einen guten Ruf und liegt ideal", fasst Wegenstein die Assets des Hauses kurz. Und Bedarf an feinem Kino abseits der Blockbusterei der Megaplexe bestehe nicht nur - er nehme auch ständig zu. "Aber im Schikaneder ist es für viele Leute zu laut. Drum kommen sie nicht." Daran, den lautstarken Barbetrieb zurückzuschrauben, bedauert er, sei aber nicht zu denken: "Alles, was die Bar abwirft, fließt ins Kino."

Attraktives Heim für Jungfilmer

Im Topkino soll nun das Konzept, heimischen - meist verleihlosen - Jungfilmern und Connaisseuren qualitativ hochstehender Filmkunst ein attraktives Heim zu bieten, fortgesetzt werden: Ein 90 Plätze umfassender großer und ein 45 Gäste fassender kleiner, ausschließlich jungen Produktionen auf Video vorbehaltener, Saal sollen hier ("sukzessive - der kleine Saal wird erst im Jänner bespielbar") entstehen. Den dritten Saal opfern Die Kinomacher und Architekt Gregor Eichinger einer vergrößerten Bar.

Den Plan, aus dem Topkino ein zukunftsträchtiges Kino zu machen, trägt Wegenstein schon lange im Herzen: "Es war Peter Marboe (VP-Kulturstadtrat Anm.) der uns ermutigt hat, das anzudenken." Doch nach der Wiener Wahl im März 2001 "gab es Marboe nicht mehr" - und über allzu großes Interesse der SP-Alleinregierung und ihres Kulturstadtrates Andreas Mailath-Pokorny an der heimischen Kleinkinoszene kann Wegenstein nicht viel erzählen: Alle Versuche, bei Marboes Nachfolger einen Termin zu bekommen, scheiterten. (Thomas Rottenberg, DER STANDARD Printausgabe 18/19.10.2003)