Investitionen in die Infrastruktur sind als Wachstumsmotor in aller Munde - Auch die Osterweiterung ist ein zusätzliches Argument für Mehrausgaben in Straße und Schiene

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 Wien - Mitten in die Debatte um Zeitpunkt und Inhalt der nächsten Steuerreform platzt eine neue Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo). Im Auftrag der Arbeiterkammer wurden erstmals in Österreich die Effekte einer Lohn- und Einkommenssteuersenkung gestaffelt nach Einkommensschichten bewertet. Das Ergebnis: Die positiven Effekte für Wachstum und Beschäftigung sind umso größer, je massiver das untere Einkommensdrittel entlastet wird, wo die Neigung, inländische Konsumgüter zu kaufen, am größten und die Sparneigung am geringsten ist.

Wird die Lohn- und Einkommenssteuer nur für das untere Einkommensdrittel um ein Prozent des BIP gesenkt, erhöhe sich das Wirtschaftswachstum um 0,9 Prozent, 17.000 neue Arbeitsplätze würden geschaffen werden. Im mittleren und oberen Einkommensdrittel erhöhe sich bei gleicher Steuerentlastung das Wirtschaftswachstum nur um 0,5 bis 0,7 Prozent. Grund: je höher das Einkommen, desto höher die Sparneigung.

Größter Wachstumseffekt

Das zweite Studienergebnis zeigt: Vermehrte öffentliche Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur hätten noch vor staatlichen Mehrausgaben für Informations- und Kommunikationstechnologien (Computer und Software, elektronische Mautsysteme, Chipkarte, Adonis-Funknetz etc.) und vor einer Steuerentlastung den "mit Abstand" größten positiven Wachstumseffekt, erläuterte Wifo-Konjunkturexperte Markus Marterbauer.

Die Modellsimulation ergab, dass bei einer Ausweitung der öffentlichen Infrastrukturinvestitionen in Schiene und Straße um ein Prozent des BIP das Wirtschaftswachstum kurzfristig um 1,2 bis 1,8 Prozent steigt.

Die Zahl der Arbeitsplätze würde sich um bis zu 36.000 erhöhen, und zu rund 40 Prozent würden sich die Mehrausgaben über höhere Steuereinnahmen selbst finanzieren.

Tumpel geißelt Untätigkeit

AK-Präsident Herbert Tumpel geißelte angesichts der Studienergebnisse einmal mehr die "Untätigkeit" der Bundesregierung. Mit einer Mischung aus einer "raschen und massiven" Steuerentlastung für kleine und mittlere Einkommen sowie mehr öffentlichen Infrastrukturinvestitionen sei "Arbeit für 30.000 Personen" zu schaffen.

Tumpel: "Die Ausreden auf die internationale Konjunktur gelten nicht - die österreichische Regierung hat es selbst in der Hand, für mehr Wachstum und Beschäftigung zu sorgen."

Für massive Investitionen in Straße und Schiene hat sich am Donnerstag einmal mehr auch der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl, ausgesprochen. Vor allem in der Ostregion sei der Nachholbedarf enorm. Um die Chancen, die sich Österreich in den kommenden Jahren durch die EU-Osterweiterung bieten, zu nützen, seien gute, grenzüberschreitende Verkehrsverbindungen unverzichtbar, sagte Leitl am Donnerstag vor Journalisten.

Leitl für Köst-Senkung

Um Unternehmen und Investoren nach der Öffnung der Grenzen in Österreich zu halten, sei eine Reihe von Maßnahmen erforderlich. Dazu gehöre die Senkung des Körperschaftssteuersatzes (Köst) von derzeit 34 auf 25 Prozent, beginnend ab 1. Jänner 2004 und fiskalisch wirksam ab 2005. In den Beitrittswerberländern lägen die Köst-Sätze zum Teil deutlich darunter. Die Feststellung, die effektiven Köst-Sätze lägen auch in Österreich tiefer, konterte Leitl: "Einverstanden, machen wir einheitlich 18 Prozent und streichen wir alle Ausnahmen." (DER STANDARD Printausgabe, 17.10.2003, miba, stro)