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Die Wiener Staatsoper präsentierte am Donnerstag, dem 16. Oktober 2003, den vom deutschen Künstler Thomas Bayrle gestalteten Eisernen Vorhang der Öffentlichkeit.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Wien – "Ein Haus", sagte Frank Stronach, "kann noch so schön sein – wenn der Vorhang nicht passt, dann stimmt etwas nicht!" Und deswegen möchte er gleich jetzt ansuchen, auch künftig für die künstlerisch wertvollen Wechselbezüge des eisernen Vorhangs der Wiener Staatsoper aufkommen zu dürfen. "Mein Gott", öffnete sich daraufhin Ioan Holenders Herz, "wie schön wäre unsere Welt, wenn es mehrere Frank Stronachs gäbe."

Der Fortbestand der Kooperation zwischen Staatsoper und museum in progress ist also gesichert. Für die Spielzeit 2003/2004 hat der deutsche Künstler Thomas Bayrle jenes 70 Kilo schwere Netz entworfen, dass Rudolf Eisenmengers ebenso ungeliebte wie denkmalgeschützte Originalgestaltung aus 1953 verbirgt. Und es ist ein Christus geworden, der den Besuchern im Parsifal- Jahr die Wartezeit verkürzen soll. Der Schmerzensmann schwebt über einer Stadt von "großartiger Langeweile", beschreibt Bayrle seine Arbeit, "einer Stadt ohne Attraktionen, zusammengesetzt aus nur fünf Hausmodulen und je einem für die Straßen und Gleise."

Dieser schon in den 70er- Jahren entwickelten Montage zu Massenansammlung und -mobilität setzt Bayrle einen ebenfalls aus Modulen entwickelten Christus vor. Basierend auf einem Mix der Proportionen der Schmerzensmänner von Cimabue (1240–1320) und Diego Velásquez (1599–1660), modellieren verschieden verzerrte Varianten eines Polizeifotos einer deutschen Autobahn den Leib Christi. Für Bayrle kein Gegensatz, da Christus mitten in unserer Welt steckt, aus ihr wächst, aus ihr besteht.

"Seit den frühen 60er-Jahren habe ich mich mit den idiotischen, absurden, grotesken Bildern der Massenproduktion und des Massenkonsums beschäftigt. Anstelle von Punkten setze ich Kaffeetassen, Ochsen, Schuhe als Bildbausteine ein. Auch Autos, Telefone, Flugzeuge oder Häuser und Straßen habe ich seit langem zur Konstruktion von Bildern verwendet", erklärt der 1937 in Berlin geborene Pionier der Computerkunst und deutschen Pop-Art, die Verbindung zwischen Jesus Christus und dem Otto-Motor.

Und da, laut Bayrle, jeder Künstler einmal im Leben die Verpflichtung hat, sich mit dem "Archetypus" des Gekreuzigten auseinander zu setzen, war das Parsifal-Jahr für ihn die Gelegenheit dazu. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.10.2003)