Berlin - Das Maut-Konsortium Toll Collect hat nach tagelangem Streit um die Offenlegung der Verträge mit Deutschland eingelenkt und will die Papiere jetzt vollständig vorlegen. Das deutsche Konsortium habe Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) vorgeschlagen, das 17.000 Seiten umfassende Vertragswerk unverzüglich den Bundestagsausschüssen für Verkehr und Haushalt zur Verfügung zu stellen, teilte Toll Collect am Donnerstag in Berlin mit.

Ein Unternehmenssprecher sagte, die Industrie werde dabei keine Auflagen machen, wie die Vertraulichkeit der Vereinbarungen gewahrt werden müsse. Dies sei jetzt Sache Stolpes und der Abgeordneten. Politiker aller Fraktionen hatten im Verkehrsausschuss am Vortag die Informationspolitik von Toll Collect heftig kritisiert und uneingeschränkte Akteneinsicht gefordert.

Toll Collect unterstrich, die Offenlegung werde "zeigen, dass der Vertrag alle Fragen zu Haftung und Schadenersatz wie auch zu Vertragsstrafen und Kündigungsgründen klar regelt". Das Konsortium wies den Vorwurf zurück, die Offenlegung des Vertrages blockiert zu haben. Von Geheimniskrämerei könne keine Rede seien, sagte der Sprecher.

Stolpe will über Ausgleich verhandeln

Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe will mit dem Unternehmen noch über einen Ausgleich der Einnahmeausfälle durch die zweimalige Verschiebung der Lkw-Maut verhandeln. Das Unternehmen sieht diese Fragen dagegen als geregelt an und lehnt Schadenersatz bisher ab.

Trotz des in den vergangenen Tagen schärfer werdenden Streits über die Pannen bei der Einführung der Lkw-Maut will Stolpe (SPD) den Vertrag mit Toll Collect derzeit aber nicht kündigen. "Wir reden nicht über Scheidung, sondern über die Vollendung", betonte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag in Berlin.

Regierung soll Vertragsausstieg prüfen

Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) forderte Stolpe zu einer härteren Gangart gegen Toll Collect auf. Die Regierung solle einen Ausstieg aus den Verträgen wegen Nichterfüllung prüfen und das Maut-Projekt neu ausschreiben, riet Hirche am Donnerstag in Hannover. Der Imageschaden durch die verpatzte Einführung der Maut für den Wirtschaftsstandort Deutschland sei riesig.

Siemens-Chef Heinrich von Pierer erwartet trotz der aktuellen Pannen beim Lkw-Mautsystem langfristig einen Erfolg der Technologie. "Das ist ein fortschrittliches System. Das wird sich europaweit durchsetzen", sagte er am Mittwochabend in Nürnberg. (APA/dpa)