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Die Parlamentspräsidentin, Natasa Micic.

Foto: APA/ EPA/ Milan Obradovic
Mit einer Verspätung von über achtundvierzig Stunden eröffnete die sichtlich nervöse Präsidentin des serbischen Parlaments, Natasa Micic, am Donnerstag die erste Herbstsitzung des Parlaments. Nach weniger als einer Stunde wurde offenkundig, dass die Regierung unter Premier Zoran Zivkovic eine zuverlässige Parlamentsmehrheit verloren hat. Obwohl sie es unbedingt vermeiden wollte, konnte die - noch - regierende DOS-Koalition eine Debatte über den Misstrauensantrag gegen die Regierung und die Ablösung der Parlamentspräsidentin nicht verhindern.

Abstimmung vertagt

Die Parlamentssitzung ist jedoch um 18.00 Uhr unterbrochen worden. Die Sitzung soll am Mittwoch nächste Woche fortgesetzt werden. Die getrennten Misstrauensanträge hatten vor zwei Wochen die Demokratische Partei Serbiens von Vojislav Kostunica und die ultranationalistische Serbische Radikale Partei gestellt.

Der serbische Vizeministerpräsident Cedomir Jovanovic hat indes angekündigt, dass die Entscheidung über die Ausschreibung vorgezogener Parlamentswahlen nach dem Misstrauensvotum gegen die Parlamentspräsidentin fallen soll. Nach der Abstimmung wird endgültig klar, mit wie vielen Stimmen die Regierungskoalition noch rechnen kann. Dass vorgezogene Wahlen aber wirklich weiter aufgeschoben werden könnten, ist kaum denkbar.

Zünglein an der Waage

Gegen die Regierung ist eine bunte Zweckkoalition im Parlament entstanden: Ehemalige DOS-Mitglieder, wie die DSS unter Expräsident Vojislav Kostunica, die Partei G 17, verschiedene Splitterparteien der Sozialisten von Slobodan Milosevic, zwei ultranationalistische Parteien, darunter die Radikalen von Vojislav Seselj, der wegen Kriegsverbrechen im Gefängnis des UN-Tribunals in Den Haag sitzt.

Das Zünglein an der Waage sind aber zehn Abgeordnete der Sozialdemokratischen Partei (SDP), ohne deren Mitwirkung das Misstrauensvotum ohne Erfolg bleiben wird. Die SPD ist formal immer noch Mitglied der regierenden DOS, doch sie ist zur unsicheren Kantonistin geworden. Sie werde sich nicht um "der Macht willen" auf einen Kuhhandel mit der Regierung einlassen, meinte SDP-Chef Slobodan Orlic am Donnerstag. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.10.2003/APA)