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Der Petersplatz am Morgen des 25-jährigen Papstjubiläums

Foto: REUTERS/STEFANO RELLANDINI
Rom - Der schwer kranke Papst Johannes Paul II. hat sein 25. Amtsjubiläum zum leidenschaftlichen Vermächtnis an die Kirche genutzt. Der 83-Jährige rief am Donnerstag zum weltweiten Kampf gegen Armut, Ungerechtigkeit und Krieg auf. Die Welt sei in vielen Regionen ein "Pulverfass, das jeden Moment explodieren kann". Eindringlich prangerte er in einem Papst-Schreiben das "ungerechte Wirtschaftssystem" zwischen armen und reichen Ländern an. "Der Krieg der Mächtigen gegen die Schwachen" habe eine tiefe Kluft aufgerissen. Zugleich verlangte er innerkirchlichen Gehorsam, bekräftigte das Keuschheitsgebot für Priester und erteilte Kirchenreformen eine Absage.

Knapp 100.000 Gläubige und hunderte Kardinäle und Bischöfe feierten am Donnerstagabend auf dem Petersplatz in Rom eine bewegende Messe. Der 264. Papst in der Kirchengeschichte saß zusammengesunken und geschwächt in seinem Rollstuhl. Er sprach mit schwacher Stimme. Mit Hinweis auf das Bibelwort des "guten Hirten" machte er aber klar, dass er trotz Krankheit und Schwäche nicht an Rücktritt denke. Die Zeremonie fand zur selben Abendstunde statt, zu der der neu gewählte Papst am 16. Oktober 1978 vor die Gläubigen trat. Weitere Höhepunkte sind die Seligsprechung der Ordensfrau Mutter Teresa am Sonntag und die Ernennung neuer Kardinäle am Dienstag.

Mutter und Söhne

Zu Beginn der Messe dankte der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger dem Papst im Namen der ganzen Kirche für seine Dienste in den vergangenen 25 Jahren. Auch die "nicht-katholischen Brüder und Schwestern" sprächen Johannes Paul II. ihren Dank aus, fügte Ratzinger hinzu. Der Papst kümmere sich "wie eine Mutter um ihre Söhne", sagte der Kardinal in seiner kurzen Ansprache. Kurienkardinal Joseph Ratzinger sagte: "In Ihrem Leben ist das Wort Kreuz nicht nur ein Wort!"

In der ganzen Welt feierten Gläubige das Jubiläum des Papstes, der die katholische Kirche wie kaum ein anderer Vorgänger in der neueren Geschichte prägte. In seiner polnischen Heimat herrschte regelrechtes "Papst-Fieber". Viele Staatsmänner wie etwa der russische Präsident Wladimir Putin würdigten seinen Einsatz für den Frieden. Der deutsche Präsident Johannes Rau und Bundeskanzler Gerhard Schröder betonten seine Rolle beim Sturz des Kommunismus. "Die friedliche Überwindung der kommunistischen Diktaturen in Europa ist zu einem guten Teil auch Ihrem Wirken zu verdanken", schrieb Rau.

"Dramatisches Missverhältnis"

Der damals 58-jährige Krakauer Kardinal Karol Wojtyla war völlig überraschend zum Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche gewählt worden. Er ist der erste Slawe auf dem Petrusstuhl und seit 450 Jahren der erste Nicht-Italiener. Nur drei Päpste der Geschichte führten die Kirche länger als Johannes Paul. Vor allem mit seinen 102 Auslandsreisen machte er weltweit Schlagzeilen.

In dem neuen Dokument "Hirten der Herde", das der Papst feierlich unterzeichnete, legte er unmissverständlich soziales und politisches Engagement der Kirche für die Menschen in der Dritten Welt fest. Er verurteilte das "dramatische Missverhältnis" von Überfluss in den Industrieländern bei gleichzeitigem Hunger im Süden. Die Folge seien immense Flüchtlingsströme.

Zugleich zementiert das 200-Seiten-Dokument den Führungsanspruch Roms in der Kirche. Ein Kapitel heißt ausdrücklich "Die Tugend des Gehorsams". Eindeutig mahnt das Schreiben, die Weltkirche sei nicht "die Summe der Teilkirchen". Das Festhalten am Priester-Zölibat (Ehelosigkeit) sei auch "Protest gegen die Vergötterung des Sexualtriebs".

Kritik an der Amtsführung Johannes Pauls kam aus Deutschland. Der Trierer Altbischof Hermann Josef Spital bemängelte die untergeordnete Rolle der Frau in der Kirche sowie das Zölibat. "Die Frau wird auf eine Weise zurückgesetzt und an der Mitbestimmung an manchen Stellen gehindert, dass wir das überdenken müssen", sagte er der "Saarbrücker Zeitung". Zum Zölibat zitierte er die Bibel: "Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist". Er wies darauf hin, dass orthodoxe Priester heiraten dürfen. Zudem bemängelte er den "römischen Zentralismus".

Auch Medien betonten den Reformbedarf in der Kirche. Als Probleme nannten sie etwa den Priestermangel und die konservative Haltung in Sachen Sexualmoral. Selbst viele gläubige katholische Ehepaare hielten sich nicht mehr an das "Pillenverbot". Die Probleme müssten auch die Kardinäle bedenken, die gegenwärtig im Vatikan zusammentreffen. Angesichts der schweren Krankheit des Papstes gilt es als sicher, dass die Purpurträger in Rom auch darüber sprechen, wen sie zum nächsten Papst wählen könnten. (APA/dpa)