Mit dem Unterschied, dass im Fall Asyl niemals die Betroffenen selbst zu Wort kommen: Flüchtlinge haben eben wenige Rechte und keine schlagkräftige Lobby. Ihre Fürsprecher sind im Großen und Ganzen mit den Vertretern der Zivilgesellschaft identisch, deren verstärktes Auftreten seit der ersten schwarz-blauen Regierungsbildung beschworen wird. Es ist diese Zivilgesellschaft, die hier in Unfrieden mit der "hohen Politik" liegt.
Nicht weniger tief jedoch sind die Kontroversen auf Parteienebene. Die SPÖ hat angekündigt, das Asylgesetz unmittelbar nach seiner Beschlussfassung im Parlamentsplenum vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen. Eine weitere Parallele zur Pensionsreform, die auf die gleiche Art vor dem Höchstgericht angefochten wurde. Und auch in Sachen Asyl warnen - wie einst bei den Pensionen - Juristen wie der Verfassungsexperte Theo Öhlinger, das neue Asylgesetz werde einer Überprüfung wahrscheinlich nicht standhalten.
Und dennoch: Strasser geht weiter seinen Weg. Unbeirrt, wie seine Freunde, stur, wie seine Kritiker sagen. Einiges an seinen Wortmeldungen bleibt unklar, ja mysteriös: Ist es ein Missverständnis, wenn der Minister im Standard- Interview von "ausführlichen Drittstaatenlisten" (Länder, in denen Flüchtlinge einen ersten Asylantrag gestellt haben und in die sie ohne weitere Überprüfungen zurückgeschoben werden können) als Teil der Asylbestimmungen Deutschlands, Finnlands, der Beneluxstaaten und Englands spricht, auch wenn das UN- Flüchtlingshochkommissariat UNHCR - von Deutschland abgesehen - davon auf explizite Nachfrage hin nichts weiß?
Eine vergleichbare, wenn auch wegen der EU-Erweiterung auf die Länder Schweiz und Liechtenstein reduzierte Liste ist Teil des geplanten österreichischen Gesetzes. Wem hier also glauben: der internationalen Organisation oder dem heimischen Minister?
Krasse Divergenzen eröffnen sich auch auf einem erst zuletzt wieder heiß gewordenen Konfliktfeld: In der Frage der Bundesbetreuung für Asylwerber, auf die es laut Strasser keinen Rechtsanspruch gibt. Das habe der Gesetzgeber so festgelegt, das werde in einem zusätzlichen Abänderungsantrag von vor zwei Tagen präzisiert, wiederholt der Minister.
Doch genau einen solchen Rechtsanspruch sieht die bereits beschlossene, im Jahr 2005 in Kraft tretende EU- Unterbringungsrichtlinie vor. Wozu also die Verzögerung? Fest steht, dass sich das Ministerium nach einem zweiten Urteil des Obersten Gerichtshofes im September, das den Bund eindeutig auf seine Betreuungspflichten hinwies, auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten befindet. Fest steht, dass man bisher nicht in ausreichendem Maß fündig wurde.
In Privatpensionen nicht, weil man - wie im Ministerium zu erfahren ist - in jeder Gemeinde erst das - zumeist ausbleibende - Einverständnis der Bürgermeister suche. Und auch die von der Caritas vorgeschlagene Nutzung von Kasernen für die Flüchtlingsunterbringung habe man erst "angedacht" - fix sei nichts.