Wien - Die Entscheidungsträger in den Sozialversicherungsanstalten sollen nach Ansicht der Grünen künftig in einer eigenen "Sozialwahl" von den Versicherten bestimmt werden. Das bisherige System der Entsendung durch die Sozialpartner (Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter) sei nämlich nur eine "sehr mittelbare Form von Selbstverwaltung", sagte der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger in einem am Dienstag in der Früh ausgestrahlten Interview mit dem Ö1-Morgenjournal.

Künftig sollen die Versicherten die "wichtigen Gremien" der Sozialversicherungen wählen, die Vollversammlung, den Vorstand und die Obleute. Dagegen sollten sich die Sozialpartner, deren Rolle und Bedeutung Öllinger "nicht missen möchte", auf die Ebene der "Kontrollgremien" zurückziehen, wo sie paritätisch vertreten sein sollten. Die von Öllinger vorgeschlagene "Sozialwahl" könnte gleichzeitig mit den diversen Kammerwahlen auf Landesebene stattfinden. Der Hauptverband würde sich dann ähnlich wie der Bundesrat nach Landtagswahlen entsprechend dem dieser Länderwahlen zusammensetzen.

Vor einer niedrigen Wahlbeteiligung - wie bei den Arbeiter- oder Wirtschaftskammerwahlen - schreckt sich Öllinger nicht. Das Interesse der Menschen sei gerade "bei Gesundheitsfragen sehr groß", hofft der Grün-Politiker auf eine breitere öffentliche Debatte über das Gesundheitssystem anlässlich von Sozialwahlen. Ein weiterer positiver Effekt dieser direkten Legitimation der Entscheidungsgremien in den Sozialversicherungen wäre laut Öllinger, dass politische Umfärbeaktionen künftig schwerer durchzuführen wären.

Der Verfassungsgerichtshof hatte am Freitag die von der schwarz-blauen Regierung im Jahr 2001 beschlossene Reform des Hauptverbandes der Sozialversicherungen, deren unmittelbarste Auswirkung die Entfernung des sozialdemokratischen Gewerkschafters Hans Sallmutters vom Chefsessel gewesen ist, als verfassungswidrig erkannt. Der Nationalrat muss nun bis Ende 2004 entweder den Zustand der Selbstverwaltung im Hauptverband wieder herstellen oder die Sozialversicherung direkt der Regierung unterstellen. (APA)