Am Dienstag begann der erste Prozess um die Sniper-Attacken im Großraum Washington vor einem Jahr. Dem 42-jährigen Angeklagten droht nicht nur wegen Mordes, sondern auch nach den neuen Antiterrorgesetzen die Todesstrafe.

Virginia Beach - Fast genau ein Jahr nach der letzten Sniper-Attacke im Großraum Washington begann am Dienstag im US-Bundesstaat Virginia der Prozess gegen einen der beiden Heckenschützen. Der 42-jährige John Allen Muhammad steht in Virginia Beach vor Gericht, neben der "gewöhnlichen" Mordanklage auch nach den neuen Antiterrorgesetzen. Im Falle eines Schuldspruches droht ihm für beide Punkte die Todesstrafe.

Angeklagter soll dreizehn Anschläge begangen haben

Insgesamt dreizehn Anschläge mit zehn Toten sollen Muhammad und sein damals 17 Jahre alter Ziehsohn Lee Boyd Malvo im vergangenen Oktober in und um die Bundeshauptstadt Washington begangen haben. Die Opfer wurden aus dem Hinterhalt meist mit einem einzigen Treffer erschossen, während sie sich auf Tankstellen oder Parkplätzen aufhielten.

Der Prozessauftakt am Dienstag stand im Zeichen der Geschworenenauswahl. 120 potenzielle Laienrichter wurden eingeladen, in einem mehrtägigen Verfahren sollen zwölf Geschworene plus drei Ersatzmänner oder -frauen gefunden werden. Bedingungen für den Job sind beispielsweise die Bereitschaft, eine Todesstrafe auszusprechen, Geschworene dürfen auch nicht persönlich von den Verbrechen betroffen worden sein.

Ungewöhnlicher Verhandlungsort

Der letzte Punkt ist auch der Grund für den eher ungewöhnlichen Verhandlungsort, liegt Virginia Beach doch über 300 Kilometer südöstlich von den Tatorten. Muhammads Verteidiger und auch einige Richter hatten argumentiert, dass bei einem Prozess im Norden Virginias die Geschworenensuche ungleich aufwändiger gewesen wäre. Denn von der von den Heckenschützen verbreiteten Panik im Vorjahr sei praktisch jeder betroffen gewesen.

Sind die Laienrichter ausgewählt, wird der Prozess rund sechs Wochen dauern. Die Staatsanwaltschaft wird versuchen, Muhammad mindestens zwei der Morde nachzuweisen, um seine Verurteilung als Serientäter zu erreichen. Zusätzlich will die Anklage auch deutlich machen, dass der 42-Jährige mit seinen Taten die Bevölkerung einschüchtern wollte. Gelingt dieser Beweis, kann der Kriegsveteran auch nach den neuen Antiterrorgesetzen verurteilt werden, die erstmals angewandt werden.

Verteidigung fürchtet Beeinflussung des Gerichts

Die Strategie der Verteidiger ist noch nicht bekannt, die Rechtsvertreter hatten im Vorfeld allerdings Kritik an Pressekontakten der Ermittler geübt und eine Beeinflussung der Gerichts befürchtet. Im Falle von Lee Malvo ist die Vorgehensweise der Verteidigung dagegen bekannt: In seinem Prozess, der am 10. November startet, will man auf Zurechnungsunfähigkeit plädieren. (AP, moe/DER STANDARD; Printausgabe, 15.10.2003)