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Foto: apa/dpa/may
Wien - Rund eine Million Menschen in Österreich sind von Inkontinenz betroffen. Das Verhältnis zwischen Frauen und Männern dürfte bei eins zu drei liegen. Eine hohe Unschärfe ergibt aus der Tabuisierung des Themas, erklärten Fachleute am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. Eine neue Operationsmethode soll Männern mit solchen Problemen nach Prostatakarzinom-Operation helfen.

Im hohen Alter stehen bei der Inkontinenz des Mannes Hirnleistungsstörungen als Ursache im Vordergrund. Doch davor ist die Sache anders. Univ.-Doz. Dr. Wilhelm Hübner von der Abteilung für Urologie des Humanis Klinikum in Korneuburg in Niederösterreich: "Bei den 60- bis 70-Jährigen sind mehr als 70 Prozent der Fälle von Harninkontinenz auf radikale Prostata-Entfernungen zurückzuführen."

"Von den Ärzten verlassen"

Fazit ist, dass viele Kranke werden dadurch zwar vor dem Krebstod gerettet, doch die Folge kann neben Impotenz auch die Inkontinenz sein. Das Tragische ist, dass die Patienten, die nach der Operation inkontinent sind, oft 'verlassen' werden. Weder Chirurg noch zuweisender Urologe kümmern sich all zu gern um den (teilweisen) Misserfolg.

Implantierbarer Silikonballon

1998 lernte Hübner bei einem Fachkongress die Idee einer US-Firma kennen. Sie wollte Frauen mit Harninkontinenz durch das Einfügen eines kleinen implantierbaren Silikonballons helfen. "Ich habe gesagt, man müsste das eigentlich beim Mann machen", so Hübner.

Das "Pro-ACT"-System wurde seither federführend in Korneuburg entwickelt und im Dezember1999 erstmals angewendet. Das Prinzip funktioniert so, dass der Ballon an die Stelle implantiert wird, wo die Prostata war.

Kleine Operation

Über ein Ventil, das im Hodensack zu liegen kommt, kann die Größe durch Nachfüllen oder Entfernen von Flüssigkeit genau reguliert werden. Die Operation dauert nur 15 bis 20 Minuten. Der Ballon erzeugt damit einen exakt bestimmbaren Widerstand. Die Harnkontrolle wird dadurch wieder ermöglicht.

Voraussetzung für die Anwendung des Systems ist allerdings, dass die Patienten nach der Prostatakarzinom-Operation keine Bestrahlung erhalten haben. Den meisten der für die neue Methode geeigneten Männern kann allerdings geholfen werden. Pro Jahr werden in Korneuburg etwa vierzig solcher Operationen durchgeführt.

Tabuthema Stuhlinkontinenz

Faktisch noch ein völliges Tabuthema ist in der Gesellschaft die Stuhlinkontinenz. Univ-Prof. Dr. Max Wunderlich von der Abteilung für Chirurgie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien erläutert, dass nach Schätzungen fünf bis zehn Prozent der Menschen betroffen sind. In Wien seien das 75.000 Menschen. Bei zwei Drittel der Fälle sei das Problem mit konservativen Methoden und ohne Operation kontrollierbar. (APA/red)