Wien - Harri Holkeri, der Chef der UN-Kosovo-Verwaltung, stand am Eingang zum Kongresssaal des Außenministeriums wie ein grimmiger Dompteur, schüttelte Serben und Kosovaren die Hand und schob sie dann in den Saal, wo grüner Filz auf dem Konferenztisch ausgerollt war und das beginnen sollte, was der Finne Holkeri "eine lange, schwierige Reise" nannte.

Drei Stunden saßen die Vertreter des Kosovo - Präsident Ibrahim Rugova und Parlamentspräsident Nexhat Daci - und Serbiens Premier Zoran Zivkovic und sein Stellvertreter Nebosja Covic gemeinsam in einem Raum. Allein das, so meinte EU-Außenkommissar Chris Patten später, sei schon ein Erfolg - "Haben wir irgendetwas Spektakuläres erwartet? Natürlich nicht."

Reden an die Wand

Denn miteinander geredet haben Serben und Kosovaren bei diesem ersten hochrangigen Treffen seit dem Krieg von 1999 nicht: Getrennt durch den Unmik-Leiter Holkeri und UN-Peacekeeping-Chef Jean-Marie Guehenno, eingerahmt zur Rechten und Linken von Nato-Generalsekretär George Robertson, den EU-Außenpolitikern Patten und Javier Solana und Vertretern der Staaten der Kosovo-"Kontaktgruppe" (USA, Großbritannien, Russland, Frankreich, Deutschland, Italien), verlasen Rugova und Covic ihre Reden und mussten dabei nur die Wand des Kongresssaales anschauen. "Die Vergangenheit darf nicht vergessen werden", sagte Rugova, "denn wenn sie vergessen wird, kann sie in noch schlimmeren Formen wieder auftauchen. Dennoch müssen wir vorwärts in die Zukunft schauen. Ich hoffe, dass Serbien eines Tages um Vergebung für die Massaker bitten wird, die während des Kriegs begangen wurden."

Von November an sollen Belgrad und Pristina unter Beteiligung der Unmik in vier Arbeitsgruppen praktische Fragen erörtern (Energie, Warentransport, Kommunikation, Rückkehr der Flüchtlinge). Die Lösung der großen Frage des künftigen Status des Kosovo bleibt aufgeschoben. Beide Seiten bekräftigten in Wien ihren bekannten Standpunkt: Rugova will die Unabhängigkeit des Kosovo, Zivkovic pocht auf die UN-Resolution 1244 - dort ist von "substanzieller Autonomie" die Rede. (DER STANDARD, Printausgabe, 15.10.2003)