Wien - Finanzminister Karl-Heinz Grasser kommt wegen seines nicht deklarierten Aktienbesitzes zunehmend in Erklärungsnot. "Das Gesetz ist eindeutig und lässt keinen Interpretationsspielraum zu", sagte ein namhafter Rechtsexperte dem STANDARD . "Grasser hat das Unvereinbarkeitsgesetz gebrochen."

Grasser hat, wie berichtet, bei der Angelobung als Finanzminister im Jahr 2000 privaten Aktienbesitz verschwiegen. Er sei davon ausgegangen, eine Meldepflicht bestehe erst ab einer Beteiligung von 25 Prozent, verteidigte sich Grasser. Er sei "falsch beraten" worden.

Der § 3a Unvereinbarkeitsgesetz listet aber genau auf, was offen zu legen ist, unter anderem ". . . das Kapitalvermögen im Sinne des § 69 Abs.1 Z1 des Bewertungsgesetzes aus 1955 . . .". Darin ist neben verzinslichen und unverzinslichen Kapitalforderungen jeder Art auch von Aktien und Anteilsscheinen die Rede - ohne Hinweis auf eine Freigrenze, innerhalb der Aktienbesitz nicht zu deklarieren ist. Bei Genussscheinen ist das anders, dort muss erst ab einem Gesamtwert von 14.500 Euro der Besitz gemeldet werden. (stro/DER STANDARD, Printausgabe, 13.10.2003)