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Die Konjunkturprognose wird revidiert: ausnahmsweise mal nach oben. Die OeNB erwartet 0,9 Prozent Wachstum

Foto: APA/Schneider
Wien - "Unser vorsichtiger Konjunkturoptimismus vom Frühjahr hat sich in letzter Zeit bestätigt". So kommentierte das Direktoriumsmitglied der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Josef Christl, die Ergebnisse des heute Donnerstag vorgelegten Konjunkturindikators vom Oktober. Aus einer Wachstumsbeschleunigung im 4. Quartal auf 0,4 Prozent sollte ein realer Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Gesamtjahr 2003 auf 0,9 Prozent resultieren. In der Juni-Prognose war die OeNB noch gleichauf mit der letzten Wifo-Prognose bei 0,7 Prozent gelegen. 0,9 Prozent BIP-Zuwachs für 2003 hat bei der gemeinsamen September-Prognose mit dem Wifo auch das Institut für Höhere Studien (IHS) errechnet.

Niedrige Inflationsrate positiv

Als Gründe für die geringfügig verbesserte Konjunkturschätzung nannte Christl einen Anstieg des allgemeinen Vertrauens in die Wirtschaft, gestützt auf jüngste Wirtschaftsdaten aus den USA und die Entwicklungen an den Finanzmärkten. Die historisch niedrigen Zinsen und die niedrige Inflationsrate (0,9 Prozent im August) seien weitere positive Faktoren. Christl, der zuvor als Volkswirt im Kabinett von Finanzminister Karl-Heinz Grasser tätig war und mit 1. September in die Nationalbank übersiedelt ist, wies auch auf die Konjunkturpakete der österreichischen Bundesregierung hin.

Sinn und Möglichkeit einer Verlängerung der konjunkturstützenden Maßnahmen (Wirtschaftskreise gehen bereits fix von einem "Konjunkturpaket III" ab Anfang 2004 aus) wollte Christl nicht kommentieren, das sei Sache der Wirtschaftspolitik. Er verwies jedoch auf Berechnungen des Wifo, das ein reales BIP-Wachstum von 0,7 Prozent im heurigen Jahr den bisherigen Konjunkturpaketen zuschreibt. Bei einem ersatzlosen Auslaufen des Konjunkturpakets II Ende 2003 würden jedoch heuer belebende Vorzieheffekte bei Investitionen 2004 wegfallen, gab Christl zu bedenken.

Gegen Vorziehen der Steuerreform

Für 2004 geht die OeNB weiterhin von 1,6 Prozent BIP-Zuwachs aus. Diese Berechnung der OeNB stammt noch vom Juni, eine Prognoserevision für 2004 stellte Christl heute erst für Dezember in Aussicht. Für 2005 wollte sich der Ökonom auf keine Konjunktureinschätzung einlassen. "Das ist eine lange Zeit für Prognosen", sagte Christl.

Hinsichtlich politischer Forderungen zu einem Vorziehen der vom Finanzminister für 2005 geplanten "großen Steuerreform" auf 2004 sprach sich Christl heute dagegen aus. Die OeNB habe sich heuer bereits gegen ein Vorziehen der Steuerreform ausgesprochen. "Dem würde ich mich anschließen", so Christl. Eine EU-weite Infrastrukturoffensive wäre dagegen "eine vernünftige Investition", die "strukturell in die richtige Richtung" ginge. Die Investitionen in Höhe von rund 100 Mrd. Euro bzw. rund ein Prozent des EU-weiten BIP, verteilt auf 10 Jahre, sollten aber nicht über höhere Budgetausgaben, sondern aus budgetären Einsparungen finanziert werden.

Eurozone abgehängt

Im internationalen Vergleich sei Österreichs Wirtschaft in den letzten zwei Jahren um 0,5 Prozentpunkte schneller gewachsen als in der Eurozone und um rund einen Prozentpunkt stärker als in Deutschland. Frankreich hinke trotz steigender Budgetdefizite beim Wachstum zurück, plädierte Christl für eine Weiterführung des österreichischen Stabilitätskurses.

Als Risikofaktoren für eine Beschleunigung des Konjunkturaufschwungs nannte Christl das "twin deficit" der USA bei Leistungsbilanz und Budget sowie die Wechselkursentwicklung des Euro zu Dollar und Yen. 10 Prozent Euro-Aufwertung zum Dollar koste im Euro-Raum knapp 1 Prozent reales Wirtschaftswachstum. Seit Mitte 2002 habe der Euro real um 5 Prozent aufgewertet. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die "Immobilienblase" in den USA. Wenn diese, ausgedrückt durch ein spekulativ deutlich überhöhtes Preisniveau für Immobilien, platze, hätte dies negative Auswirkungen auf Konsum und Investitionen in den USA und würde in der Folge auch das zarte europäische Konjunkturpflänzchen beeinträchtigen.

Die Ergebnisse des OeNB Konjunkturindikators gehen an die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt, die daraus eine gemeinsame Konjunkturprognose aller 12 Euro-Länder ermittelt. (APA)