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Der ehemalige französische Premierminister Alain Juppe in Bedrängnis.

Foto: REUTERS/Andy Lecoq
Nanterre - Der frühere französische Premierminister Alain Juppe ist am Dienstag als Angeklagter zu den dubiosen Finanzpraktiken seiner neogaullistischen Partei RPR vor dem Strafgericht von Nanterre vernommen worden. Der damalige RPR-Generalsekretär und enge Vertraute von Staatspräsident Jacques Chirac wusste nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft, dass Anfang der 90er Jahre sieben Parteimitarbeiter von der Stadt Paris bezahlt wurden. Fünf jahre Haft?

Juppe drohen fünf Jahre Haft, eine Geldstrafe und der Verlust des passiven Wahlrechts. Eine Verurteilung könnte die Chancen des 58-Jährigen zunichte machen, sich 2007 um die Nachfolge Chiracs als Staatspräsident zu bewerben. Chirac, langjähriger Pariser Bürgermeister und Vorsitzender der mittlerweile in der rechtsliberalen Regierungspartei UMP aufgegangenen RPR, genießt dagegen als Staatsoberhaupt Immunität vor Strafverfolgung.

Juppe war damals auch Kämmerer der französischen Hauptstadt, Chirac Bürgermeister. Der UMP-Vorsitzende hat bislang stets erklärt, erst 1993 von diesen Scheinbeschäftigungsverhältnissen erfahren zu haben. Vergangene Woche sagte jedoch sein damaliger Kabinettschef Yves Cabana vor Gericht aus, "alle Welt" habe bereits 1988 davon gewusst. Furcht vor einem Ausschluss

Der Bürgermeister von Bordeaux dürfte auch Fragen zu seiner früheren persönlichen Sekretärin beantworten müssen. Claude Le Corff wurde zunächst von der Stadt Paris und bis 1993 dann von zwei Privatunternehmen bezahlt, die sich um öffentliche Aufträge der Stadt Paris bemühten. Angeklagt in dem Verfahren sind zudem 19 Manager, deren Unternehmen den Ermittlungen zufolge RPR-Mitarbeiter auf der Lohnliste hatten. Einige von ihnen sagten letzte Woche vor Gericht aus, sie hätten aus der Furcht vor einem Ausschluss bei der Vergabe von Aufträgen und auf Druck der RPR gehandelt.

Der Prozess in Nanterre mit seinen insgesamt 27 Angeklagten wirft ein Schlaglicht auf die Parteienfinanzierung, bis Anfang der 90er Jahre eine staatliche Parteien- und Wahlkampffinanzierung geschaffen wurde. Die Scheinbeschäftigungsverhältnisse zu Gunsten der RPR wurden nach deren Sieg bei der Parlamentswahl 1993 beendet. Schmiergeldzahlungen Die Scheinarbeitsverträge sind nicht die einzige Parteifinanzierungsaffäre, in die die RPR Chiracs verwickelt war. Die Justiz ermittelt zudem wegen Schmiergeldzahlungen an alle im Pariser Rathaus vertretenen Parteien Anfang der 90er Jahre. Mit den oft bar gezahlten Summen erkauften sie sich nach Aussagen eines ehemaligen RPR-Funktionärs den Zuschlag für öffentliche Aufträge. In einem weiteren Komplex geht es um die Vergabe von Aufträgen zur Renovierung von Schulgebäuden. (APA/AP)