Wien - Im Österreich-Konvent zeichnet sich eine Mehrheit für eine stärkere Personalisierung des Wahlrechts ab. Sowohl ÖVP als auch SPÖ können sich den weiteren Ausbau des Vorzugsstimmensystems vorstellen. Das gleichzeitige Liebäugeln der ÖVP mit dem Mehrheitswahlrecht rief vor allem die kleineren Parteien FPÖ und Grüne auf den Plan. Aber auch die SPÖ will das Verhältniswahlrecht weiterhin als "einheitliches Prinzip" für Bund, Länder und Gemeinden in der Verfassung festgeschrieben wissen.

Khol-Wunsch brächte Marginalisierung der kleinen Parteien

Nationalratspräsident Andreas Khol (V) schlägt in der "Presse" eine Flexibilisierung des Wahlrechtes vor. Damit würden nur noch die Grundsätze (also etwa allgemeines, gleiches und geheimes Wahlrecht) in der Verfassung festgeschrieben werden. So könnten Bund, Länder und Gemeinden per einfachem Gesetz etwa die Einführung eines Mehrheitswahlrechtes beschließen. Letzteres könnte für FPÖ und Grüne - je nach Ausprägung - eine weitgehende Marginalisierung bedeuten.

Zwar schwächte Khol seinen Vorschlag ab: Ein Mehrheitswahlrecht auf Bundesebene wolle derzeit "fast niemand". Die Proteste folgten aber umgehend: Die stellvertretende Grünen-Bundessprecherin Madeleine Petrovic sprach von "unlauteren Methoden" mit denen die ÖVP "junge Kräfte aus dem Feld boxen" wolle. FP-Klubchef Herbert Scheibner will das Verhältniswahlrecht ebenfalls weiterhin in der Verfassung verankern und erinnerte an das Konsensprinzip in Konvent und Koalition.

Für mehr Personalisierung

Auch die SPÖ will am Verhältniswahlrecht festhalten. Vorstellen kann sich Klubobmann Josef Cap allerdings die auch von Khol geforderte stärkere Personalisierung: Etwa über einen Ausbau des Vorzugsstimmensystems oder eine Erhöhung der Zahl der Wahlkreise von derzeit 43 auf bis zu 66. Aber, so Cap im Gespräch mit der APA: "Je mehr Wahlkreise man einführt, desto Mehrheitsfördernder wird das Wahlrecht." Die Direktwahl der Landeshauptleute lehnt Cap ab.

Insgesamt bekräftigten am Montag alle Parteien ihren Willen zur "Bereinigung" der Verfassung: Unnötige Bestimmungen sollen gestrichen oder in einfache Gesetze gepackt werden. Dabei zeichnet sich auch eine Annäherung bei der heiklen Schulgesetzgebung ab.

Verstärkte Prüfung von Verfassungsgesetzen

Um ein neuerliches Ausufern der Zwei-Drittel-Beschlüsse zu verhindern denkt Scheibner daran, den Verfassungsgerichtshof verstärkt auch Verfassungsgesetze prüfen zu lassen. In der Vergangenheit hatte die Koalition ja immer wieder Urteile des VfGH per Zwei-Drittel-Mehrheit umgangen.

Diese Möglichkeit will SP-Klubobmann Cap in Ausnahmefällen aber auch weiterhin beibehalten: Es sei durchaus möglich, "dass zwei Drittel des Parlaments eine politische Entscheidung für so wichtig erachten, dass sie sich mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit über einen Spruch des Verfassungsgerichtshof hinwegsetzen". Allerdings müsse dies "verantwortungsvoller" als in der Vergangenheit geschehen. (APA)