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Tony Blair hat die innerparteiliche Schlacht vorerst gewonnen. Gordon Brown (rechts) muss warten.

Ftoo: Reuters/Waldie
Nimmt man das "Clap-o-meter", die Stoppuhr zum Messen der Beifallslänge, dann hat Tony Blair seinen Rivalen Gordon Brown im Schlüsselspiel um die Macht klar geschlagen. Der Premier erntete für seine Rede auf dem Labour-Kongress diese Woche sieben Minuten Applaus, der Finanzminister musste sich mit zwei Minuten begnügen.

Nur am Zufall lag das freilich nicht. Jahreskonferenzen der britischen Regierungspartei sind ausgeklügelte Medienspektakel. So hatten, bevor Blair ans Rednerpult trat, fleißige Regisseure im Seebad Bournemouth schon jedes Detail geplant. "Clap Tony to Victory" ("Klatscht Tony zum Sieg"), druckten sie auf Handzettel fürs Publikum.

Umfragetief

Im Wesentlichen ging der Regierungschef als Sieger aus dem Clinch von Bournemouth hervor. Der ehrgeizige Schatzkanzler Brown, der selbst gern an Blairs Schreibtisch säße, konnte dem Fernsehstar nicht das Wasser reichen. Dabei war der Zeitpunkt für einen Palastputsch so günstig wie nie.

Blair steckte wegen der Nachwehen des Irakkrieges im tiefsten Umfragetief seiner sechseinhalb Amtsjahre. Brown, ein Wirtschaftsfachmann, dem die heftige Irak-Debatte nichts anhaben konnte, weil er sich kaum daran beteiligte, schien der Mann der Stunde. Dann aber zog die Nummer eins alle Rhetorikregister und verwies den Konkurrenten mit einem fulminanten Auftritt ins zweite Glied. "Gordon humpelt verwundet davon", resümierte der Guardian. In der Krise hat Blair Steherqualitäten gezeigt.

Zumindest die eigene Partei ist nicht gewillt, ihn wegen des Irak-Feldzugs in die Wüste zu schicken. Zwar verpasste sie ihm einen Denkzettel, als sie mehrheitlich gegen die angepeilte Teilprivatisierung von Krankenhäusern stimmte, ein zentrales Reformprojekt des Kabinetts. Doch der Wille, an der Regierung zu bleiben, wog am Ende schwerer als der Ärger über Blairs Propagandatricks vor dem Krieg. (DER STANDARD, Printausgabe, 4.10.2003)