Traiskirchen - Nach der tödlichen Schlägerei im Flüchtlingslager Traiskirchen Mitte August hat der Grüne Parlamentsklub in der Gemeinde Traiskirchen und dem dortigen Flüchtlingslager am Donnerstag einen mehrstündigen Besuch abgestattet. Das Fazit der Grünen: An den widrigen Zuständen im Flüchtlingslager hat sich im Wesentlichen nichts geändert.

Erschreckende Eindrücke

Im Flüchtlingslager wurden die Grünen von Vertretern des Innenministeriums bzw. der Betreiberfirma European Homecare über das Gelände geführt. Den Abgeordneten und Journalisten war es erlaubt, jedes Zimmer ihrer Wahl zu besichtigen - und die Eindrücke waren erschreckend.

Vier Familien auf 50 Quadratmetern

So müssen etwa in einem rund 50 Quadratmeter großen Zimmer gleich vier Familien unterkommen. Die Privatsphäre beschränkt sich darauf, die jeweiligen Stockbetten mit Leintüchern voneinander abzutrennen. In einem anderen Raum sind nicht weniger als 20 Stockbetten nebeneinander untergebracht. Versperrt werden können die Zimmer nicht. Auch wenn betont wird, dass das Gebäude zwei Mal täglich desinfiziert wird, strotzen die Gänge vor Schmutz und die Baufälligkeit der Lagergebäude ist unübersehbar.

Bei der gut dreiviertelstündigen Aussprache mit Bürgermeister Knotzer waren sich die Grün-Abgeordneten einig, dass man darauf schauen müsse, die Flüchtlinge in kleineren Einheiten unterzubringen. Wenig Verständnis brachten die Mandatare dafür auf, dass der Traiskirchner Gemeinderat per Resolution eine Schließung des Flüchtlingslagers gefordert hat. Knotzer wiegelt hier aber ab, indem er in Aussicht stellte, nichts dagegen zu haben, eines der geplanten Flüchtlingsaufnahmezentren in Traiskirchen zu belassen.

Bürgermeister über mangelnde Telefonzellen empört

Der Bürgermeister beklagte sich einmal mehr, dass die Zustände im Flüchtlingslager unhaltbar seien. Aktuell empörte sich der SP-Bürgermeister darüber, dass das Innenministerium das Aufstellen von drei zusätzlichen Telefonzellen abgelehnt habe. Dass allerdings dann die Telefonzellen in der Gemeinde aus Protest sogar verkettet wurden, dafür hatte der niederösterreichische Grün-Abgeordnete Dieter Brosz überhaupt kein Verständnis. Knotzer begründete den Wunsch nach Telefonzellen damit, dass die Einheimischen selbst überhaupt nicht mehr zum öffentlichen Telefonieren kämen.

Neuer Stolz des Bundesasylamtes: "Der Live-Scanner"

Den Abschluss der Grünen Reise ins Flüchtlingslager bildet ein Besuch in der größten der sieben Außenstellen des Bundesasylamtes, der erstinstanzlichen Behörde im Asylverfahren. Extra für die Abgeordneten war auch der Leiter des Amts, Wolfgang Taucher, angereist. Er präsentierte als neuen Stolz einen Live-Scanner. Mit diesem wird es möglich, die Fingerabdrücke der in Traiskirchen einlangenden Flüchtlinge sofort elektronisch nach Luxemburg zum Datenvergleich zu schicken. Bedenken von Bürgermeister Knotzer, der die Expedition durchgehend begleitete, wonach einige Flüchtlinge sicher nicht bereit seien ihren Fingerabdruck abzugeben, wurden zurückgewiesen. Es habe bisher keine einzige Verweigerung gegeben. Jeder Asylwerber müsse sofort nach seinem Eintreffen in Traiskirchen an den Scanner. (APA/red)